1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

FIFA eWorld Cup: Eine Männerdomäne?

Tom Woerndl aus London
4. August 2019

Beim FIFA eWorld Cup haben die besten Spieler der Welt in London um ein Preisgeld von 250.000 Dollar gekämpft. Das Turnier war ein von Männern dominiertes Ereignis - keine Frau war am Start. Warum ist das so?

https://p.dw.com/p/3NJqj
Großbritanien | FIFA eWorld Cup in London
Bild: T. Woerndl

Für traditionelle Fußballfans mag die Welt des eSport immer noch wie eine Kuriosität erscheinen, die von technisch versierten Teenagern dominiert wird. Doch es gibt seit Jahren einen unbestreitbaren Hype und ein unaufhaltsames Wachstum in der Branche. Die Nachricht vom Triumph des 16-jährigen Kyle Giersdorf bei der jüngsten Fortnite-Weltmeisterschaft erregte in den Medien weltweit riesige Aufmerksamkeit.

An diesem Wochenende stand der FIFA eWorld Cup im Rampenlicht: 32 Spieler aus 15 Ländern kämpften in der O2 Arena in London um eine Siegprämie von 250.000 US-Dollar. Die sicherte sich mit Mohammed "MoAuba" Harkous von Werder Bremen zum ersten Mal ein deutscher Gamer. Wie beim Großteil der professionellen Gaming-Veranstaltungen gab es auch bei der virtuellen Fußball-WM in der britischen Hauptstadt eine starke geschlechtsspezifische Tendenz: alle Teilnehmer der Finalrunde waren Männer. Und das obwohl man davon ausgeht, dass Frauen etwa die Hälfte der Aktiven in der Gaming-Welt und einen signifikanten Anteil an den Zuschauern beim Online-Sport ausmachen.

"Noch keine außergewöhnliche Spielerin"

Koop Brandsma, eSport-Manager beim niederländischen Klub Ajax, der einige WM-Teilnehmer stellte, bestätigt, dass das Spiel stark von Männern dominiert wird, obwohl seine Mannschaft weiterhin auf der Suche nach Talenten ist, unter Männern und Frauen. "Im Moment spiegelt sich beim eSport das traditionelle Fußballspiel wider", sagt Brandsma der DW. "Es gibt großes Interesse der Fans, und im Bezug auf unsere Online-Follower sind etwa 20 Prozent Frauen. Aber wir haben noch keine außergewöhnliche Spielerin gefunden."

Die Geschichte von Ajax beweist, wie sehr der eSport in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Brandsmas Team arbeitet - ähnlich wie es bei vielen deutschen Profi-Fußballklubs der fall ist - direkt mit dem führenden niederländischen Fußballverein Ajax Amsterdam zusammen. "Das Spiel wird definitiv weiter wachsen", prophezeit Brandsma. "Wir haben einige Widerstände aus Teilen der Fußballwelt gesehen, aber eSport ist gekommen, um zu bleiben, und das spiegelt sich auch im Interesse der Profi-Fußballer wider."

"Mädchen sind bei FIFA nicht gut genug"

Ein Faktor, der Frauen von der Teilnahme an FIFA-Online-Turnieren abhalten könnte, ist die potenziell frauenkritische teilweise sogar frauenfeindliche Umgebung, die vom überwiegend männlichen Publikum geschaffen wird. "Mädchen sind bei der FIFA nicht gut genug - sie mögen keinen Fußball", behauptet ein Zuschauer beim Londoner Event, der zum Umfeld eines der Spitzenspieler gehört und gibt damit weit verbreitete Vorurteile wieder. "Frauen werden nicht die 60 Stunden pro Woche verbringen, die man braucht, um das Spiel so gut zu spielen, dass man an die Spitze kommt", fügt er hinzu. Wohl so manche talentierte Gamerin hat sich in der Vergangenheit von solchem oder ähnlich geartetem Gegenwind, der ihr aus der männlich dominierten Szene entgegen schlägt, einschüchtern und entmutigen lassen.

Großbritanien | FIFA eWorld Cup in London
Nur etwas für Jungs? Beim FIFA eWorld Cup in London waren keine weiblichen Gamer am StartBild: T. Woerndl

Dagegen sieht der deutsche WM-Teilnehmer Tim Katnawatos alias TheStrxngeR, der für den Schweizer Top-Klub FC Basel spielt, die Chancen von Frauen, in die Spitzengruppe des Sports vorzudringen, positiver. "Ich hoffe, dass es in einigen Jahren mehr Spielerinnen geben wird", sagt er der DW. "Ich weiß, dass eSport-Klubs mehr Frauen ermutigen, das Spiel zu spielen."

Katnawatos, der in der Gruppenphase ausschied, erklärt weiter, dass eine Reihe von Fähigkeiten erforderlich seien, um ein führender FIFA-Spieler im Sportbereich zu werden. "Konzentration ist so wichtig, man muss sich konzentrieren", sagt er. "Man muss auch Fußball mögen und die Taktik außerdem braucht man eine gute Reaktionsgeschwindigkeit." Katnawatos spielt mittlerweile ausschließlich FIFA - mit Ausnahme einiger weniger Spiele von Fortnite mit Freunden - und sein Trainingsprogramm besteht aus bis zu 30 Matches pro Tag.

Millionen von Online-Zuschauern

Während Männer die Spielfelder der eSport-WM dominierten, gab es in der Arena aber auch einige wenige weibliche Fans. Die Mehrheit der Zuschauer am Samstag waren Freunde und Familie der Spieler, beim Halbfinale und das Finale am Sonntag waren rund 1.700 Zuschauer in der Halle.

Ungleich größer aber ist das Publikum, das die WM-Spiele und andere große eSport-Events regelmäßig online mitverfolgt. Die FIFA schätzt, dass der Wettbewerb 2018 mehr als 29 Millionen Besucher verzeichnete. Darunter mit Sicherheit auch Mädchen und Frauen, die die WM nicht nur deswegen verfolgen, weil sie gerne virtuellen Fußball ansehen, sondern weil das Spiel auch selber spielen. So ist es vielleicht wirklich nur noch eine Frage der Zeit, bis bei der WM-Endrunde auch regelmäßig weibliche Gamer dabei sind und um den WM-Titel mitspielen.