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FIFA veröffentlicht Garcia-Bericht

27. Juni 2017

Neue Details aus dem Bericht des früheren FIFA-Chefermittlers Michael Garcia setzen den künftigen WM-Gastgeber Katar erneut unter Druck. Der Weltverband ragiert mit ungewohnter Offenheit - und stiftet Verwirrung.

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Schweiz Zürich FIFA Logo am Hauptquartier
Bild: picture-alliance/dpa/S. Schmidt

Der Fußball-Weltverband FIFA hat überraschend den kompletten Bericht seines ehemaligen Chefermittlers Michael Garcia veröffentlicht. Wie die FIFA am Dienstag mitteilte, haben die neuen Vorsitzenden der Untersuchungskammer und der rechtsprechenden Kammer der unabhängigen Ethikkommission, Maria Claudia Rojas und Vassilios Skouris, dies beschlossen. 

Darüber hinaus erklärte die FIFA in einer Mitteilung, ihr Präsident Gianni Infantino habe "bereits in der Vergangenheit verschiedentlich" die Veröffentlichung des 400 Seiten starken Reports verlangt. "Trotz dieser regelmäßigen Anfragen weigerten sich die früheren Vorsitzenden der Ethikkommission, Cornel Borbély und Hans-Joachim Eckert, stets, den Bericht zu veröffentlichen", hieß es darin. Gegen diese Darstellung wehrte sich der frühere FIFA-Chefethiker Eckert umgehend: Infantino habe "sich bis zum heutigen Tage nie wegen einer Veröffentlichung an uns gewandt", ließ der Richter über seinen Sprecher mitteilen.

Eckert und Borbely hatten bei der Überprüfung des Dokuments keine Anzeichen für Bestechung oder Korruption gefunden und deshalb eine Veröffentlichung abgelehnt. "Diese Entscheidung stand in völliger Übereinstimmung mit den geltenden Regeln und der Beschlusslage der FIFA", teilte Eckert mit.

"Zum einen verpflichtet Artikel 36 des FIFA Ethik-Kodex die Mitglieder der Ethikkommission zur Verschwiegenheit und untersagt die Veröffentlichung von Informationen, die im Laufe eines Verfahrens verwendet werden könnten. Zum anderen sind die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten zu schützen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass der Bericht lediglich ein Arbeitsdokument darstellt", erklärte er weiter.

Katar erneut im Fokus

Rund zweieinhalb Jahre nach dem Rücktritt von FIFA-Chefermittler Garcia waren die kommenden WM-Gastgeber Russland und Katar durch Details aus dem Untersuchungsbericht wieder unter Druck geraten. Die "Bild"-Zeitung berichtete in ihrer Dienstagausgabe in Auszügen aus dem bislang nicht veröffentlichten und ihr demnach vorliegenden Papier über Verfehlungen von Wahlmännern des Fußball-Weltverbands rund um die skandalumwitterte WM-Doppelvergabe im Dezember 2010.

Die neuen Details legen einen Stimmenkauf nahe - sie rücken damit auch den mittlerweile geschassten Hans-Joachim Eckert in ein neues Licht. Der Richter, der beim Fußball-Weltverband unlängst von seinem Amt als Vorsitzender der rechtsprechenden Kammer der Ethikkommission entbunden worden war, hatte bei seiner Überprüfung des brisanten Dokuments, das die 2010 erfolgten Vergaben der WM-Endrunden 2018 (Russland) und 2022 (Katar) untersucht, keinerlei Anzeichen für eine Manipulation gefunden. Oder zumindest nicht so gravierende, dass eine Neuvergabe der Endrunde im Wüstenstaat nötig gewesen wäre. Dabei sind die Indizien eindeutig, sie werfen einen weiteren Schatten auf die ohnehin kritisch beäugte Endrunde in fünf Jahren.

Sause in Rio, Millionenzahlung an Funktionärs-Tochter

Michael J. Garcia
Ex-FIFA-Chefermittler Michael GarciaBild: Reuters/M. Buholzer

So sollen drei stimmberechtigte Mitglieder des damaligen FIFA-Exekutivkomitees in einem Privatjet des katarischen Fußball-Verbandes QFA nach Rio de Janeiro geflogen worden sein, Nobelunterkunft und Sause inklusive. Zudem landeten zwei Millionen Dollar auf dem Konto der zehnjährigen Tochter eines FIFA-Funktionärs. Ein anderer soll sich bei den Scheichs via Mail für eine Überweisung über mehrere 100.000 Dollar bedankt haben.

Garcia, dessen rund 400 Seiten starkes Schriftstück von der FIFA angeblich aus rechtlichen Gründen noch immer geheim gehalten wird, war nach der verharmlosenden Interpretation Eckerts verständlicherweise erzürnt. Er sah seine Erkenntnisse falsch bewertet, trat wenig später von seinem Amt als Boss der ermittelnden Kammer zurück und verschärfte mit seiner harschen Kritik damals die Glaubwürdigkeitskrise der FIFA.

Bisher keine Folgen für WM-Gastgeber

Überraschen dürften die Details wahrlich nicht, seit geraumer Zeit wird die WM-Vergabe von schweren Korruptionsvorwürfen begleitet. Dass zudem die größtenteils ausländischen Arbeiter auf den WM-Baustellen noch immer massiv "ausgenutzt und ausgebeutet" werden, wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet hat, stellt die Qualifikation Katars als Gastgeber ebenso infrage.

Doch die Untersuchungen blieben bislang für die WM-Gastgeber Russland und Katar ohne Konsequenzen. Beide Ausrichter haben Verfehlungen stets bestritten.

asz/og/sn (sid, dpa, Bild)