Finale furios: Happy End für Frankreich
15. Juli 2018Es sind die berühmten Sekunden nach dem Schlusspfiff, in denen sich alles maximiert. Wenn ein Finale zu Ende geht und damit auch ein ganzes Turnier. Wenn sich alles auf einmal entlädt, in einem Moment kulminiert, und all die Beteiligten nicht so recht wissen, wohin mit ihren Emotionen. Olivier Giroud zum Beispiel sprintete diagonal übers Feld und stürzte sich ins Gras. Andere, wie Corentin Tolisso vom FC Bayern, zuvor eingewechselt, standen wie angewurzelt fest und fassten sich ungläubig an den Kopf. Kylian Mbappé dagegen, der Shooting-Star dieser WM, tröstete nach den ersten Glücksmomenten den kroatischen Torhüter.
Wenig später, nach den ersten Emotionsschüben, wurden beide Mannschaften gleichzeitig gefeiert. Auf der einen Seite die überschwänglichen Franzosen, auf der anderen Seite die kroatischen Verlierer von ihren lautstarken Fans hinter dem Tor. Bedröppelt schauten die Spieler drein, aber auch sie hatten zu diesem denkwürdigen Finale beigetragen. Das 4:2 war das torreichste WM-Endspielseit mehr als 50 Jahren.
Trainer Dadic wollte sich nicht beklagen
Was hatte dieses Finale eigentlich nicht zu bieten? Ein Eigentor, das dem Favoriten die Führung schenkt (Mandzukic, 20.). Ein Traumtor zum Ausgleich (Perisic, 29.). Der Videobeweis und ein strittiger Hand-Elfmeter kurz vor der Pause (Griezmann, 38.). Zwei weitere französische Treffer zur Vorentscheidung (Pogba, 59. und Mbappé, 65.) und dann noch ein Torwartpatzer, der den Kroaten nochmal kurz Hoffnung schenkt (Mandzukic, 69.). Es war sicherlich eines der unterhaltsamsten Endspiele in der WM-Geschichte.
Zwischenzeitlich schien es, als würde die fragwürdige Entscheidung durch den Schiedsrichter Néstor Pitana nach der Überprüfung durch den Video-Beweis dieses Finale überschatten. "In so einem Finale gibst du so einen strittigen Elfmeter nicht", klagte Kroatiens Trainer Zlatko Dadic nach dem Spiel. Aber er räumte auch ein: "Diese Entscheidung schmälert auf keinen Fall den Sieg der Franzosen."
Franzosen waren relaxed
Frankreich, das hatten auch die Kroaten eingesehen, war an diesem Abend einfach cleverer, zielstrebiger. Es war schließlich auch das zweite Finale in Folge für die "Equipe Tricolore” - noch vor zwei Jahren bei der Heim-EM 2016 standen die Franzosen auf der Verlierer-Seite. "Das EM-Finale war anders, wir waren diesmal relaxter", sagte Trainer Didier Deschamps. Und das konnte man dem Team ansehen. Selbst in schwierigen Situationen verloren die Franzosen nicht ihre Ordnung, auch nicht nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Ivan Perisic, als das Stadion mit den aufgepeitschten kroatischen Fans förmlich explodierte.
Frankreich spielte auch im Finale wie im gesamten Turnier zuvor. Wenig furios, dafür aber gut organisiert und fast klinisch abgebrüht. Stabilitäts-Fanatiker Didier Deschamps wollte mit seiner Mannschaft nicht noch ein Endspiel verlieren. Diesmal zählte das reine Resultat vor Schönheit. "Es war so schmerzvoll, vor zwei Jahren", gestand Deschamps. "Aber vielleicht wären wir jetzt nicht Weltmeister, hätten wir damals die EM gewonnen." Die Niederlage als Reifeprozess.
Ein Leben lang Weltmeister
Und ein WM-Sieg, der jetzt alte Wunden heilt. Vermutlich zählt er sogar noch mehr. "Wir können es noch nicht so richtig begreifen", sagte Antoine Griezmann, der zum besten Akteur des Finals gewählt worden ist. Vor zwei Jahren wurde er EM-Torschützenkönig, aber ohne Titel hing auch an ihm das Etikett des Unvollendeten. "Ich habe den Jungs gesagt, sie sollen es genießen. Sie sind jetzt ein Leben lang Weltmeister", meinte Deschamps, der auf der Pressekonferenz die Dusch-Attacke der Spieler genüsslich über sich ergehen ließ.