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Weiter verschlechtert

27. Oktober 2008

Die Finanzkrise verhagelt der deutschen Wirtschaft mehr und mehr Stimmung. Der deutsche Banken-Retttungsfonds hat seine Arbeit aufgenommen. Die Talfahrt an den Börsen geht weiter.

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Börse in Frankfurt (Quelle: AP)
Kein Ende der Talfahrt der Kurse in SichtBild: AP

Angesichts der sich weiter verschärfenden Finanzkrise hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft erneut verschlechtert. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im Oktober unerwartet deutlich von 92,9 auf 90,2 Punkte, wie das Münchner Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) am Montag (27.10.2008) mitteilte. Nach dem fünften Rückgang in Folge liegt das als wichtiger Frühindikator geltende Stimmungsbarometer auf dem niedrigsten Wert seit Mai 2003. Die Aussichten für die kommenden sechs Monate schätzten die 7000 befragten Manager so schlecht ein wie noch nie seit der deutschen Einheit.

Hans-Werner Sinn (Quelle: AP)
Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts für WirtschaftsforschungBild: AP

"Die deutschen Unternehmen stellen sich auf eine rückläufige Geschäftstätigkeit ein", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Das Geschäftsklima trübte sich in der Industrie besonders deutlich ein. "Der Export wird sich nach Ansicht der befragten Industriefirmen abschwächen", erläuterte Sinn weiter.

Rettungsfonds nuimmt Arbeit auf

In Frankfurt am Main hat der milliardenschwere Rettungsfonds für die deutsche Finanzwirtschaft offiziell seine Arbeit aufgenommen. Man sei handlungsfähig, sagte der Sprecher des dreiköpfigen Leitungsausschusses, Günther Merl. Der frühere Chef der Landesbank Hessen-Thüringen teilte mit, es habe bereits Gespräche mit Interessenten über die Angebote des Fonds gegeben. Der mit 480 Milliarden Euro ausgestattete "Sonderfonds

Finanzmarktstabilisierung" kann Banken Garantien für Kredite gewähren, die sie sich untereinander geben. Dafür stehen 400 Milliarden Euro zu Verfügung.

Der Fonds kann sich zudem direkt an Finanzinstituten beteiligen und er kann Risikopositionen der Unternehmen erwerben. Konkretes Interesse an der Unterstützung durch den Fonds haben die Bayerische Landesbank, die Westdeutsche Landesbank und die HSH-Nordbank signalisiert.

Firmenzentrale der Postbank in Bonn (Quelle: AP)
Firmenzentrale der Postbank in BonnBild: AP

Nicht in Anspruch nehmen will das Rettungspaket nach eigenen Angaben die Postbank, die am Montag schwere Verluste infolge der Finanzkrise bekanntgab. Die Bank mit den meisten Privatkunden in Deutschland musste im dritten Quartal ein Minus vor Steuern von 449 Millionen Euro hinnehmen. Allein die Belastungen aus dem Engagement bei der im September zusammengebrochenen US-Bank Lehman Brothers schlugen mit 364 Millionen Euro zu Buche. Weitere hohe Millionen-Belastungen musste die Bank wegen des Absturzes der Aktienmärkte hinnehmen.

Postbank erhöht Kapital

Die dünner gewordene Eigenkapitaldecke will die Postbank mit einer Kapitalerhöhung im Volumen von einer Milliarde Euro auspolstern. Der Mehrheitseigner Deutsche Post erklärte, sie werde ihren Anteil von rund 50 Prozent der Aktien zu einem Bezugspreis von 18,25 Euro zeichnen. Auf dem Aktienmarkt brachen die Kurse von Deutscher Post und Postbank um jeweils mehr als 15 Prozent ein.

Japan will Banken stärken

In Tokio hat die Börse zuvor nach einem neuerlich Kursverlust von mehr als sechs Prozent auf dem niedrigsten Stand seit 26 Jahren geschlossen. Der Nikkei-Index lag zu Handelsschluss bei 7162,90 Punkten.

Japans Regierungschef Taro Aso kündige neue Maßnahmen zur Unterstützung der kriselnden Märkte an. Die Regierung werde frisches Kapital in die Banken pumpen. Zum Umfang die neuen Finanzspritze äußerte sich Aso nicht. Wirtschaftsminister Kaoru Yosano hatte am Sonntag von insgesamt 10.000 Milliarden Yen (rund 85 Milliarden Euro) gesprochen.

Japans Regierungschef Taro Aso (Quelle: AP)
Japans Regierungschef Taro AsoBild: AP

Zugleich rief Aso die Japaner dazu auf, trotz der Krise einen kühlen Kopf zu bewahren. Es werde einige Zeit dauern, bis die Maßnahmen der Regierung Wirkung auf die Aktienkurse zeigten.

G7 besorgt über Devisenkurse

Besorgt über die starken Kursschwankungen des Yen äußerten sich die sieben führenden Industriestaaten (G7). Die Finanzminister und Zentralbankchefs aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und den USA betonten in einer gemeinsamen Erklärung, sie wollten gemeinsam für eine Stabilisierung auf den internationalen Märkten eintreten. Der Yen hatte gegenüber dem Dollar und dem Euro am Freitag einen historischen Höchststand erreicht. Ein Dollar kostete zeitweise nur rund 90 Yen.

Euro-Kurs und Ölpreis geben nach

Der Devisenmarkt zeigte sich von der G7-Erklärung wenig beeindruckt. In London gaben Yen und Euro weiter nach: Die europäische Gemeinschaftswährung kostete zeitweise weniger als 1,25 Dollar.

Im Sog der Krise sinkt auch der Ölpreis weiter, trotz der vom OPEC-Kartell beschlossenen Senkung der Förderquoten. Nach Angaben von Händlern verringerte sich etwa der Preis für ein Barrel Nordseeöl um 1,75 Dollar auf 60,30 Dollar.

IWF hilft Ukraine und Ungarn

Der Internationale Währungsfonds IWF greift den von der Finanzkrise stark betroffenen Staaten Ukraine und Ungarn mit Großkrediten unter die Arme. Eine Delegation der Weltfinanzorganisation vereinbarte mit der Regierung in Kiew eine Finanzhilfe über 16,5 Milliarden Dollar. Die Wirtschaft der Ukraine leidet vor allem unter dem Preisverfall von Stahl, dem Hauptexportprodukt des Landes, sowie einem drastischen Kursverfall der Landeswährung Hryvna.

Auch Ungarn hat sich mit dem IWF über ein Programm zur Stabilisierung seiner Wirtschaft geeinigt. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn erklärte in Washington, an einem substanziellen Finanzpaket würden sich neben seiner Institution auch die Europäische Union, einige europäische Regierungen sowie regionale und multilaterale Institutionen beteiligen. Welche Summen im Gespräch sind, sagte Strauss-Kahn nicht. Die ungarische Währung Forint hat in der Finanzkrise massiv an Wert verloren, der Handel mit ungarischen Staatsanleihen ist praktisch zum Erliegen gekommen. (wl)