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Finanzkrise

8. August 2011

Es ist Zeit, Europas Bürgern die Wahrheit über die finanzielle Lage der Wirtschaft zu sagen. Die Berichterstattung über Schuldenprobleme und Finanzkrisen verunsichert immer mehr, meint Bernd Riegert in seinem Kommentar.

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Schriftzug Kommentar (Foto: DW)
Bild: DW

Ohnmächtig müssen Spitzenpolitiker in den USA, Europa und Asien jetzt zuschauen, wie die anonymen Finanzmärkte, die Milliardenströme an den weltweiten Börsen dirigieren und die künftige Fiskal- und Wirtschaftpolitik diktieren. Schon lange sind Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Präsident Nicolas Sarkozy keine Akteure mehr, sondern nur noch Getriebene. Mit hilflosen Erklärungen, sie hätten doch so wunderbare Beschlüsse auf dem letzten Euro-Krisengipfel vor nicht einmal drei Wochen gefasst, versuchen Merkel und Sarkozy zu beschwichtigen. Das wird nicht helfen.

Eine neue Krise droht

DW-Experte Bernd Riegert (Foto: DW)
DW-Europaexperte Bernd RiegertBild: DW

Die Finanzmärkte, Anleger und Fondsmanager sind in einer geradezu irrationalen Endzeit-Stimmung. Zwar haben sich die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Fakten in den letzten vierzehn Tagen nicht geändert, trotzdem wird an den Börsen verkauft, was zu verkaufen ist. Die Rating-Agentur Standard and Poor's setzt mit ihrer Herabstufung der Bonität der USA dem ganzen Treiben noch die Krone auf. Sie beweist jedermann, was die Finanzmärkte längst wissen. Auch der vermeintlich mächtigste Mann der Welt, der amerikanische Präsident, ist machtlos, wenn er sich mit der Wall Street anlegt. Für die USA wird das Aufnehmen neuer Kredite jetzt teurer werden. Ein Rückfall in die Rezession ist möglich. Das hätte weltweite Konsequenzen. Die nächste Welle der Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2008 ihren Anfang nahm, rollt auf uns zu.

Sollte die Konjunktur weltweit einbrechen, wäre kein staatliches Geld mehr da, um Konjunkturprogramme à la "Abwackprämie" aufzulegen. Die meisten Staaten in der Euro-Zone können es sich nicht mehr leisten, noch mehr Schulden aufzunehmen. Angesichts der Macht der Finanzmärkte kann einem Angst und Bange werden. Wenn sich die Spekulationen jetzt gegen Italien wenden und dem italienischen Staat das Vertrauen entzogen wird, sprich seine Staatsanleihen unbezahlbar teuer werden. Dann wird es auch die Euro-Zone nicht mehr schaffen. Die Schulden Italiens können nicht übernommen werden, einen "bail-out" kann es nicht geben. Damit wäre sogar Deutschland überfordert, das in Europa noch als einsame Konjunkturlokomotive vorandampft. Die Europäische Union wird sich zu stärkeren Maßnahmen als bisher durchringen müssen, um die Finanzmärkte zu beeindrucken, die ja offenbar bestimmen, wo es langgeht.

Zeit für echte Maßnahmen

Es ist Zeit, aus den Rettungsschirmen einen vernüftigen Europäischen Währungsfonds zu schaffen, der Krisenländern hilft. Es ist Zeit, der Euro-Zone tatsächlich eine Wirtschaftsregierung zu verpassen, die den Namen verdient. Es ist Zeit, den Bürgern in Europa reinen Wein einzuschenken und zu sagen, dass wir alle über höhere Inflationsraten, die Schulden in der Euro-Zone werden abtragen müssen.

Wenn Merkel, Sarkozy und Co. so weiterwurschteln wie bisher, wird der Euro als Gemeinschaftswährung nicht zu retten sein. Dann ist es auch nur noch eine Frage der Zeit bis die Ratingagenturen Frankreich oder Großbritannien oder gar Deutschland die Bestnote, das dreifache A entziehen. Denn die strukturelle Lage in Frankreich unterscheidet sich von der in den USA nicht allzu sehr. Deutschland ist mit Rekordgeschwindigkeit dabei, seine Staatsschulden zu vergrößern. Ob aber die Europäische Union, die Gruppe der sieben wichtigsten Industrienationen oder die G 20 mit den Schwellenländern an Bord noch etwas ausrichten können, ist fraglich. Die Weltwirtschaftskrise deutet sich an, die Finanzmärkte herrschen, Rating regiert.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Olga Ondruskowa/Diana Hodali