Schattenbanken
13. Februar 2012Besonders zufrieden sah der scheidende Vorstandschef der Deutschen Bank nicht aus, als er kürzlich die aktuelle Bilanz vorlegte. "Investmentbanken dürften selbst bei einem besseren Marktumfeld auf absehbare Zeit das hohe Ertragsniveau früherer Spitzenzeiten nicht mehr erreichen", prophezeite Josef Ackermann seiner Branche. Vier Jahre nach dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise müssen die Banken feststellen, dass die höheren Anforderungen an die Kapitalausstattung und das Risikomanagement ihren Preis haben.
Dennoch steckt die Reform der Finanzmärkte, so wie sie von der Politik auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise vollmundig angekündigt wurde, noch in den Kinderschuhen. Das gibt auch die Bundesregierung unumwunden zu. "Man kann sagen, dass wir an einigen Stellen dazugelernt haben, dass wir Ansätze haben. Aber wir sind noch weit davon entfernt, gewappnet zu sein, dass Krisen wie 2008/2009 nicht mehr entstehen können", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit der Experten-Kommission "Neue Finanzmarktarchitektur" in Berlin. Merkel hatte die Kommission unter Leitung des früheren EZB-Präsidenten Otmar Issing 2008 damit beauftragt, Vorschläge für Reformen zu erarbeiten.
Letzter Bericht der Issing-Kommission liegt vor
Mit einem fünften Bericht schließt die Issing-Kommission nun ihre Arbeit ab. Für Merkel auch eine Gelegenheit, ein Fazit zu ziehen. In der Theorie sei die Frage, wie die Finanzmärkte reformiert werden müssten, nun durchdrungen. Die Schnelligkeit der Regulierung, die Rechtsetzung lasse indes zu wünschen übrig. Bei den G20, den zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländern, gebe es "eine gewisse Zurückhaltung" bei der Abgabe von nationaler Souveränität zugunsten internationaler Organisationen.
Doch das allein ist noch nicht das größte Problem. Es liegt vielmehr in der Struktur der Finanzmärkte, auf denen die sogenannten Schattenbanken eine bedeutende Rolle spielen. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die zwar Finanzgeschäfte wie eine Bank betreiben, dabei allerdings nicht wie ein reguläres Kreditinstitut von der Finanzaufsichtsbehörde kontrolliert werden. Zu ihnen zählen auch Hedgefonds, private Finanzinvestoren und sogenannte Zweckgesellschaften, in die Banken riskante Geschäfte, die ihnen selbst nicht möglich sind, auslagern. Schätzungen zufolge umfasst der weltweite Schattenbankensektor rund 60 Billionen Dollar, von denen ein nicht unerheblicher Teil in London erwirtschaftet wird.
Licht ins Dunkel bringen
Bundeskanzlerin Merkel erklärte zuletzt auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, die Regulierung der Schattenbanken werde sich wohl noch zwei Jahre hinziehen. Vielleicht ist diese Schätzung sogar noch optimistisch. Der fünfte Bericht der Experten-Kommission "Neue Finanzmarktarchitektur" schlägt jedenfalls leise Töne an, indem er in einem ersten Schritt lediglich auf eine indirekte Regulierung des Sektors abstellt. Die könne so aussehen, dass alle Kontakte des offiziellen Bankensektors mit dem Schattenbankensektor der Aufsicht unterstellt würden, damit Transparenz herrsche.
"Wenn man genau wüsste, welche Risiken im Schattenbankensektor liegen, wenn man diese Informationen hätte, dann wäre das ein riesiger Fortschritt", erklärt der Kommissions-Vorsitzende Otmar Issing. Alles andere wären nur "große Vorschläge, die auf dem Papier schön aussehen" würden, im Moment aber "keine Chance auf Durchsetzung" hätten. Von der Ankündigung, dass jeder Ort, jedes Produkt und jede Institution auf den internationalen Finanzmärkten in Zukunft kontrolliert werden sollten, ist diese Aussage noch weit entfernt.
Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Peter Stützle