Finnland-Rechtsruck birgt Gefahr für den Euro
18. April 2011Parolen gegen den Euro und gegen Finanzhilfen an überschuldete EU-Länder haben die Parlamentswahl in Finnland entschieden. Im Vergleich zur Wahl 2007 konnten die rechtspopulistischen "Wahren Finnen" ihren Stimmenanteil mehr als vervierfachen - auf nunmehr 19 Prozent.
Keine Berührungsängste
"Das ist wirklich gut. Das ist ein historischer Wechsel", sagte der Vorsitzende der "Wahren Finnen", Timo Soini, nach Bekanntwerden der Ergebnisse. "Ich bin sehr glücklich und hoffe sehr, dass wir Teil der neuen Regierung werden." Soinis Hoffnung dürfte sich erfüllen - schließlich hatten sowohl die liberale Zentrumspartei der amtierenden Regierungschefin Mari Kiviniemi als auch die mitregierende konservative Nationalpartei und die oppositionellen Sozialdemokraten ihre Bereitschaft zu einer Koalition mit den "Wahren Finnen" bekundet.
Am Montag (18.04.2011) bekräftigte Soini die Forderung der finnischen Rechtspopulisten nach Neuverhandlungen über das EU-Stabilitätspaket. Er sagte in Helsinki, "wir waren bisher zu weich gegenüber Europa. Das muss sich ändern."
Große Wahlverliererin ist Ministerpräsidentin Kiviniemi, deren Partei rund ein Viertel ihrer Stimmen einbüßte und nur noch 15,8 Prozent erzielte. Kiviniemi sprach von einer "vernichtenden Niederlage" für das Zentrum, das in der Rangliste der Parteien von Platz 1 auf Platz 4 zurückfiel - hinter der Nationalpartei (20,4 Prozent), den Sozialdemokraten (19,1 Prozent) und eben auch den "Wahren Finnen".
"Die Bürger haben uns gesagt, was sie wollen, und darauf müssen wir hören", sagte Kiviniemi dem Fernsehsender YLE. "Die Schlussfolgerung ist eindeutig: Mit diesen Ergebnissen werden wir uns in der Opposition wiederfinden." Bisher bildeten im Parlament in Helsinki Kiviniemis Zentrumspartei und die Nationalpartei gemeinsam mit den Grünen und der liberalen Schwedischen Volkspartei - der Vertretung der Finnland-Schweden - eine Koalition.
Graue Haare in Europa
Als Chef der Nationalpartei, die erstmals die meisten Mandate errang, dürfte nun der 39 Jahre alte Jyrki Katainen neuer finnischer Ministerpräsident werden. Bisher gehörte er der Regierung als Finanzminister an. Bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen wird es nun spannend, welche Zugeständnisse die "Wahren Finnen" in Sachen Euro-Stabilitätspakt durchsetzen können.
Das Wahlergebnis "wird in Europa für graue Haare sorgen. Es wird zu Problemen bei den Rettungspaketen führen", prophezeite Olavi Borg, ein angesehener finnischer Politikwissenschaftler und emeritierter Professor. Schließlich haben sich die "Wahren Finnen" deutlich gegen Hilfen an überschuldete Länder wie Griechenland, Irland und Portugal ausgesprochen. Der Rettungsschirm für wirtschaftlich bedrängte Staaten der Europäischen Union kann nur gespannt werden, wenn die EU-Mitglieder dies einstimmig mittragen.
Schon im Wahlkampf gaben die Rechtspopulisten mit dem Euro-Thema den Ton an und legten damit wohl den Grundstein für ihren Triumph bei der Abstimmung vom Sonntag. "Manchmal zahlt es sich aus, an seinen Überzeugungen festzuhalten, auch wenn man auf Widerstände stößt und verspottet wird", sagte Parteichef Soini. Seine "Wahren Finnen" fordern auch Verschärfungen bei der Ausländerpolitik, das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen sowie ein umfassendes Abtreibungsverbot.
Autor: Christian Walz (dpa, dapd, afp, rtr)
Redaktion: Ulrike Quast/Ursula Kissel