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Fitschen bestreitet Betrugsvorwürfe

28. April 2015

Auftakt in einem der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse seit Jahren: Der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier Ex-Manager des Geldhauses stehen seit Dienstag vor Gericht.

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Jürgen Fitschen Deutsche Bank 29.01.2014 Frankfurt
Bild: Getty Images/Thomas Lohnes

Fitschen und die vier Mitangeklagten sind im Zusammenhang mit einem Zivilprozess angeklagt, der in den Jahren 2011 und 2012 vor dem Oberlandesgericht München stattgefunden hatte und Schadenersatzansprüche des Medienunternehmers Leo Kirch gegen die Deutsche Bank klären sollte.

Die nun angeklagten Manager sollen sich für das Verfahren zu falschen Aussagen verabredet haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen schweren versuchten Prozessbetrug vor.

Die Angeklagten - neben Fitschen die früheren Deutsche-Bank-Chefs Rolf Breuer und Josef Ackermann sowie Ex-Aufsichtsratschef Clemens Börsig und Ex-Personalvorstand Tessen von Heydebreck - hatten die Vorwürfe schon vor Prozessbeginn zurückgewiesen.

Prominent besetzte Anklagebank

Der Medienandrang zum Prozessauftakt im Münchener Landgericht war groß, denn noch nie war ein Dax-Konzern so prominent auf der Anklagebank vertreten.

Die Beschuldigten gaben sich am Dienstag betont zurückhaltend und antworteten nur knapp auf Fragen nach ihren Personalien. Im äußersten Fall drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Ihre Verteidiger wiesen die Vorwürfe allerdings als haltlos und konstruiert zurück.

Die drei Staatsanwälte hatten kurz nach zehn Uhr damit begonnen, den 110 Seiten umfassenden Kern der Anklage, den sogenannten Anklagesatz, abwechselnd vorzulesen und waren nach einer einstündigen Mittagspause bis zum Nachmittag damit beschäftigt.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft war Fitschen bei den Betrugsversuchen im Kirch-Prozess keine treibende Kraft. Er habe im Gegensatz zu den anderen Angeklagten nicht aktiv falsch ausgesagt. Allerdings habe Fitschen von falschen Angaben seiner Kollegen gewusst und nichts dagegen unternommen, erklärte die Staatsanwaltschaft: "Der Angeschuldigte Fitschen machte bei seiner Anhörung vage und in sich nicht schlüssige Angaben."

Fitschen habe selbst nach einer Razzia in den Räumen der Deutschen Bank die Aussagen seiner Kollegen nicht richtiggestellt, so die Staatsanwaltschaft. Damit wirkte er aus Sicht der Anklage an dem zuvor vereinbarten Tatplan mit.

München Deutsche Bank Prozess Fitschen Breuer Ackermann
Die Angeklagten Rolf Breuer (rechts), Jürgen Fitschen (4. v.r.) und Josef Ackermann (5. v.r.) im GerichtssaalBild: Getty Images/Joerg Koch

"Der Tatplan"

In der 627 Seiten umfassenden Anklageschrift ist von einem Plan die Rede, den die Top-Banker mit Hilfe der Rechtsabteilung der Deutschen Bank und Prozessanwälten verfolgt haben sollen. "Der Plan der Angeschuldigten war, durch eine wahrheitswidrige Darstellung der tatsächlichen Geschehnisse in den Jahren 2001 und 2002 das Oberlandesgericht München zu täuschen und so dazu zu veranlassen, die im Raume stehenden Ansprüche schon dem Grunde nach zurückzuweisen."

Weil ihnen das aber nicht gelungen sei und die Deutsche Bank letztlich doch zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt wurde, geht die Anklage von versuchtem Prozessbetrug aus.

Leo Kirch hatte bis zu seinem Tod 2011 stets den früheren Bank-Chef Breuer und die Deutsche Bank für die Pleite seines Konzerns verantwortlich gemacht. Breuer habe ihn mit einer öffentlichen Äußerung über die mangelnde Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe "erschossen".

Kirch war überzeugt davon, dass die Bank ihn unter Druck gesetzt habe, um später durch einen Beratungsauftrag an der Sanierung seines Konzerns zu verdienen - er wollte dafür Schadenersatz.

In dem Prozess vor dem Oberlandesgericht hatte Breuer versichert, die Bank habe keine Pläne für ein Beratungsmandat Kirchs gehabt. Als der Richter diese Darstellung anzweifelte, sollen ihm die anderen Manager laut Anklage zur Seite gesprungen sein, um das Gericht mit übereinstimmenden Zeugenaussagen zu beeindrucken.

Die Aussagen sollen sorgfältig abgesprochen gewesen sein. "In Einzelgesprächen mit den Angeschuldigten wurde allen mitgeteilt, worauf es bei den Aussagen vor dem Oberlandesgericht ankomme", heißt es in der Anklage.

16 Verhandlungstage

Fitschen will vor Gericht seine Unschuld beweisen. "Ich habe die Zuversicht, dass sich das, was ich immer gesagt habe, vor Gericht validieren lässt. Nämlich, dass ich nicht verstehen kann, warum diese Anklage gegen mich erhoben wurde", hatte er am Tag vor dem Prozessbeginn gesagt.

Sein Anwalt erklärte, die These der Staatsanwaltschaft sei "schlichtweg falsch". An der Objektivität der Anklagebehörde bestünden "massive Zweifel". Fitschen werde deshalb zwar die Fragen des Gerichts beantworten, aber "unter keinen Umständen die Fragen der Staatsanwaltschaft".

Für den Prozess vor der fünften Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Peter Noll sind zunächst 16 Termine bis einschließlich 22. September angesetzt, meist wird dienstags verhandelt. Die amtierenden und ehemaligen Top-Manager müssen als Angeklagte in dem Strafprozess jeweils persönlich erscheinen.

Wegen der Höhe der ursprünglich von den Kirch-Erben geforderten Summe von zwei Milliarden Euro geht die Anklage von versuchtem Prozessbetrug in einem besonders schweren Fall aus. Für den Vorwurf käme im Falle einer Verurteilung ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren in Betracht.

Gegen mehrere weitere Beteiligte führt die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Aussagen im Kirch-Prozess noch Ermittlungen, darunter auch gegen den einstigen Top-Manager Thomas Middelhoff. Die Ermittlungen sind aber noch nicht abgeschlossen.

bea/dk (dpa, afp, reuters)