OECD lobt Arbeitsmarktintegration
14. März 2017Im vergangenen Jahr war Ingo Kramer eine Woche lang auf einem Rettungsschiff im östlichen Mittelmeer unterwegs und hat schiffbrüchige Flüchtlinge aus dem Meer gefischt. "Da ging es schlicht darum, Leben zu retten", sagt der Präsident der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände. Jetzt ist es seine Mission, die Flüchtlinge und Asylbewerber, die in Deutschland angekommen sind, für den hiesigen Arbeitsmarkt zu retten. "Das ist auch ein Ausdruck gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Vernunft", wirbt er. Bei den Unternehmern in der Bundesrepublik rennt er mit dieser Botschaft offene Türen ein.
Eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zeigt, dass Arbeitgeber, die Flüchtlinge oder Asylbewerber eingestellt haben, zu 80 Prozent hoch zufrieden mit der Arbeitsleistung und Motivation ihrer neuen Beschäftigten sind.
"Eine so deutliche positive Bewertung habe ich noch in keiner Studie gesehen", freut sich die Sonderbeauftragte des OECD-Generalsekretärs, Gabriela Ramos, über die Deutschen. Der Organisation zufolge bestehen in Deutschland gute Voraussetzungen, um die Migranten in die Gesellschaft zu integrieren. Dazu gehört eine aufgeschlossene Zivilgesellschaft, von der sich gut elf Prozent bei der Eingliederung der Zugewanderten engagieren. Auch die niedrige Arbeitslosigkeit und die robuste Wirtschaftslage tragen zu einem guten Integrationsklima bei. "Es ist zu schaffen, das ist eine Botschaft, die wir in die Welt hinaustragen wollen", betont Ramos.
Bürokratie und Sprachkenntnisse
Der Arbeitsmarkt stellt nach Ansicht der OECD-Experten eine Grundlage für gelingende Integration dar. "Die Migranten wollen und können sich dadurch in die Gesellschaft einbringen und ein selbstbestimmtes Leben führen", unterstreicht Ramos. Und Deutschland habe in den vergangenen Monaten viele Schritte unternommen, um es den Migranten zu erleichtern, einen Job zu bekommen. Besonders gelobt wurde, dass mittlerweile auch Asylbewerbern mit hoher Bleibeperspektive Zugang zu Integrationskursen mit 600 Stunden Sprachförderung und 100 Stunden Orientierungsunterricht bekommen.
Überhaupt scheint in der Sprachförderung der entscheidende Hebel für den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu liegen. Selbst bei Tätigkeiten, für die nur geringe Qualifikationen notwendig sind, meint schon die Hälfte der Arbeitgeber, dass ihre Beschäftigten gute Deutschkenntnisse nötig hätten. Die Sprachbarriere stellt für 60 Prozent der 2200 befragten Unternehmer "erhebliche Probleme" dar, während unzureichende berufliche Fachkenntnisse und unterschiedliche Arbeitsgewohnheiten nur jeweils ein Viertel der Befragten stören.
Deutlich wird durch die Erhebung der OECD auch, dass fehlende Rechtssicherheit ein Hemmnis für die Einstellung von Migranten mit unsicherem Asylstatus darstellt. Dafür wurde zwar eine "3 plus 2" -Regel eingeführt - der Betroffene darf mindestens die drei Jahre seiner Ausbildung und zwei Berufsjahre bleiben - aber die Genehmigung dafür werde häufig verweigert, beobachtet die OECD. Arbeitgeberpräsident Kramer wünscht sich daneben noch eine weitere Liberalisierung des Arbeitsmarktes für Asylbewerber, wie zum Beispiel den Zugang zu Teilzeitarbeit. "Wir dürfen keinen einzigen Weg versperren, wenn er Möglichkeiten bietet", mahnte Kramer.
Arbeitsmarktintegration läuft erst an
Der Studie zufolge sind etwa neun Prozent der in Deutschland registrierten Arbeitslosen im Februar anerkannte Flüchtlinge oder Asylbewerber. Der Anteil wird weiter ansteigen, wenn erst einmal die langwierigen Anerkennungsverfahren für viele hunderttausende weitere Migranten abgeschlossen sind. Es werde ein langwieriger Weg sein, sie in Gesellschaft und Wirtschaft einzugliedern, schließen die OECD-Autoren aus den Erfahrungen anderer europäischer Staaten. In den ersten fünf Jahren würden dabei die Beschäftigungsquoten rasch steigen, dann verlangsame sich dieser Prozess erheblich. "Wir sind erst am Anfang", konstatiert Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).