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Neue Regeln für die Fleischindustrie

29. Juli 2020

Die Bundesregierung hat ein Gesetz für bessere Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen auf den Weg gebracht. Mehr Kontrollen sowie Verbote von Werkverträgen und Leiharbeit sollen die Ausbeutung von Beschäftigten verhindern.

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Ein Mitarbeiter im Schlachthof der Firma Vion in Bad Bramstedt zerteilt ein Rind mit einer 
Säge
Bild: picture-alliance/dpa/O. Krato

Nach massiven Corona-Ausbrüchen in Großschlachthöfen will die Bundesregierung gegen die Missstände in der deutschen Fleischindustrie vorgehen. Das Kabinett stimmt einem Gesetzesentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zu, der vor allem das Abwälzen der Verantwortung auf Subunternehmer beenden soll. Der Einsatz von Werkverträgen und Leiharbeit - beides in Fleischfabriken weit verbreitet - wird verboten. Heil sprach nach dem Kabinettsbeschluss von einem "guten Tag für den Arbeitsschutz".

Laut Gesetzesentwurf sollen in Unternehmen ab 50 Beschäftigten Tiere nur noch von direkt dort Angestellten geschlachtet und zerlegt werden dürfen. Der Einsatz von Werkvertragsarbeitern soll ab Januar 2021 verboten sein, der von Leiharbeitnehmern ab April.

Corona-Ausbrüche zeigten Missstände in der Fleischindustrie

Zudem will Heil Mindestanforderungen für die Unterbringung von Beschäftigten in Gemeinschaftsunterkünften auch außerhalb des Geländes eines Unternehmens festschreiben - und zwar nicht allein für die Fleischindustrie, sondern branchenübergreifend. "Niemand soll in verschimmelten oder überbelegten Zimmern leben müssen", betonte der Minister.

Schimmel an der Wand in einem Zimmer, in dem rumänische Werksarbeiter von Tönnies untergebracht waren
Schimmel an der Wand in einem Zimmer, in dem rumänische Werksarbeiter von Tönnies untergebracht warenBild: DW/M. Soric

Um die Einhaltung des Mindestlohns besser überprüfen zu können, sieht das Gesetz eine Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung in der Fleischindustrie vor. Der entsprechende Rahmen für Bußgelder wird von 15.000 Euro auf 30.000 Euro verdoppelt. Generell soll es künftig in den Betrieben mehr Kontrollen geben.

Die Fleischindustrie ist in der Corona-Krise in die Kritik geraten, weil auf Schlachthöfen zahlreiche Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet wurden, die oft nicht direkt bei den Firmen, sondern bei Subunternehmern angestellt waren. Mit Blick auf die Gründung von Tochterunternehmen durch das besonders betroffene Unternehmen Tönnies kündigte das Arbeitsministerium an, die Vorschriften auf mögliche Schlupflöcher hin genau zu prüfen.

Lob und Tadel aus der Opposition

Von der Linken und den Grünen kam Zustimmung für Gesetzesentwurf. "Werkverträge sind Ausbeutung", betonte Linken-Parteichef Bernd Riexinger. Deren Verbot forderte er auch für die Logistikbranche und für Paketzusteller. Ähnlich äußerte sich Dieter Janecek, Wirtschaftsexperte der Grünen. Er mahnte in der "Augsburger Allgemeinen", "dass wir auch andere Branchen in den Blick nehmen". Die Grünen warnten außerdem davor, dass der vorliegende Gesetzentwurf dürfe "auf keinen Fall durch Lobby-Einfluss verwässert werden" dürfe.

Mitarbeiter eines Schlachthofs im niedersächsichen Garrel zerteilen am Fließband hängende Schweine
Fleischzerteilung ist eine anstrengende Arbeit - die Stunden sollen künftig digital erfasst werdenBild: picture-alliance/dpa/M. Assanimoghaddam

Der FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sprach hingegen von einem "weiteren Schritt in Richtung staatliche Wirtschaftslenkung". Vor "verheerenden Folgen" für "die heimische Viehhaltung und die Schlachtbranche" durch die neuen Vorschriften warnte der AfD-Politiker Stephan Protschka.

Deutschland - drittgrößter Fleischexporteur der Welt

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) begrüßte die Neuregelung als "historisch". Der Zentralverband der Geflügelwirtschaft (ZDG) dagegen kritisierte den Kabinettsbeschluss scharf. Die Regierung setze die Fleischproduktion in Deutschland aufs Spiel, sagte ZDG-Präsident Otto Ripke der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Auch sei nun mit steigenden Fleischpreisen zu rechnen.

Infografik Fleischerzeuger Marktanteil DE

In Deutschland arbeiten rund 100.000 Menschen in der Fleischindustrie. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sind zwei Drittel bei Subunternehmen beschäftigt, die über Werkverträge als Dienstleister vor allem für die sechs größten, marktbeherrschenden Unternehmen tätig sind. In einzelnen Großschlachthöfen werden bis zu 150.000 Schweine pro Woche geschlachtet. Deutschland ist nach den USA und Brasilien der drittgrößte Fleischexporteur weltweit. Seit der Jahrtausendwende hat die Branche ihren Umsatz verdoppelt.

cw/kle (afp, epd)