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Politik

Bieber: "Dialog braucht eine neue Ausrichtung"

Lindita Arapi
4. Oktober 2019

Nach den Wahlen im Kosovo muss ein neuer Anlauf für den Dialog mit Serbien stattfinden. Die Idee der Grenzverschiebung muss aber vom Tisch, sagt Florian Bieber im DW-Gespräch.

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Florian Bieber
Bild: DW/S. Padori-Klenke

Deutsche Welle:  Herr Bieber, wie sehen Sie die Bedeutung der vorgezogenen Parlamentswahlen für Kosovo? Denken Sie, dass sie das Land aus der Stagnation führen können?

Florian Bieber: Es sind wichtige Wahlen, in erster Linie was die innenpolitische Zukunft von Kosovo betrifft. Es geht darum inwieweit gerade jene Partei, die seit der Unabhängigkeit dominant war, die PDK, in der Lage ist, weiter den Kosovo zu dominieren. Insoweit geht es auch um eine Richtungsentscheidung. In anderen Themenfeldern, wie beispielsweise Dialog mit Serbien, sehe ich keine Möglichkeit für eine grundsätzliche Richtungsänderung. Sie wird sich eher durch die Koalitionsbildung nach den Wahlen ergeben, als durch die Wahlen selbst.

Trotz Warnungen der EU verlangt die Regierung des Kosovo, dass Serbien jede Kampagne gegen das Land einstellt, damit der hundertprozentige Zoll abgeschafft wird. Ich denke aber, dass mit der neuen Regierung auch in diese Frage Bewegung kommen wird.

Die Frage ist, ob die nächste Regierung in der Lage sein wird, den Zoll ohne Gesichtsverlust einzustellen, oder als Niederlage darzustellen. Es wird sehr viel davon abhängen, wie die neue EU den Dialog initiiert. Es wäre sehr wichtig, wenn die EU ein sehr klares Signal senden würde.

Mit dem Thema Dialog, ist die EU an ihre Grenzen gestoßen....

Federica Mogherini war letztlich nicht in der Lage den Dialog produktiv zu führen. Natürlich hängt es nicht nur mit der EU zusammen. Es hängt auch mit den beiden Akteuren zusammen. Sowohl der Kosovo als auch Serbien hatten aus meiner Sicht nicht wirklich ernst zu nehmende Absicht einen Dialog zu führen, und das kann dann auch die EU nicht herbeizaubern. Die EU sagt, ein Dialog braucht guten Willen und Gesten der Deeskalation von beiden Seiten.

Wie sollte ein neues Format für den Dialog aussehen?

Ein neues Format würde bedeuten einerseits intensivere Treffen zu vereinbaren, nicht nur die sporadischen Treffen, wie sie in der Vergangenheit waren.

Andererseit braucht man eine klare rote Linie. Das heißt beispielsweise, dass neue Grenzziehungen entlang den ethnischen Grenzen ausgeschlossen sein sollen. Das halte ich für sehr wichtig. Und gleichzeitig brauchen wir vertrauensbildende Maßnahmen. Die Provokationen, die wir sowohl auf der serbischen, als auch auf der kosovarischen Seite gesehen haben, müssten aufhören. So ist beispielsweise Serbiens Blockade der Mitgliedschaft von Kosovo in Interpol und Unesco inakzeptabel.

Vucic sagt oft, Serbien kann nicht alles verlieren und Kosovo alles gewinnen. Er such einen Deal. Was könnte Vucic dazu bringen, den Satz zu sagen: „Wir akzeptieren Kosovos Unabhängigkeit"? Vielleicht nicht anerkennen, aber wir akzeptieren die Unabhängigkeit.


Ich bin nicht überzeugt, dass Vucic in der Lage ist oder wirklich ein Abkommen haben will. Denn er regiert letztlich undemokratisch in Serbien und sieht diesen Dialog nur als Legitimation auf internationaler Ebene. Und deshalb glaube ich nicht, dass er wirklich daran interessiert ist, diesen Satz zu sagen. Man müsste zuerst die Bevölkerung in Serbien für einen derartigen Schritt vorbereiten. Aber wir sehen in den letzten Jahren, dass sich durch der Rhetorik der Medien, die dem Präsident Vučić nahestehen, die Bedeutung des Kosovos für die serbische Bevölkerung eher verstärkt hat. Das heißt, dass mehr Leute Kosovo als wichtiges Thema ansehen als vor fünf-sechs Jahren. Vucic scheint die Bevölkerung nicht auf einen Kompromiss vorzubereiten, sondern eher anzustacheln in die entgegengesetzte Richtung.

Das Gespräch führte Lindita Arapi

Florian Bieber leitet das Zentrum für Südosteuropastudien an der Karl Franzens Universität Graz. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Zeitgeschichte und die politischen Systeme Südosteuropas, sowie Demokratisierung und ethnische Konflikte in der Region.