Flucht und Leid in der Zentralafrikanischen Republik
Seit dem Putsch vor einem Jahr ist die Situation in der Zentralafrikanischen Republik völlig außer Kontrolle. Wer kann, flieht. Wer bleibt, kämpft jeden Tag ums Überleben.
Gefangen am Flughafen
Seit dem Putsch vor einem Jahr ist die Situation in der Zentralafrikanischen Republik völlig außer Kontrolle. Christliche und muslimische Milizen liefern sich erbittere Kämpfe. Eine Million Menschen sind auf der Flucht, fast alle Muslime haben die Hauptstadt Bangui verlassen. Von denen, die geblieben sind, haben einige Hundert in einem alten Hangar am Flughafen Unterschlupf gefunden.
Alles verloren
Jamal Ahmeds Mann hatte gerade genug Geld für die Flucht seiner Familie gespart, als christlich-animistische Milizen der Anti-Balaka ihr Heimatdorf überfielen. Für ihn selbst reichten die wenigen Ersparnisse nicht - er bezahlte mit seinem Leben. Seit einigen Tagen lebt Jamal Ahmed nun im Lager am Flughafen: "Ich kenne niemanden hier. Ich habe nichts mehr. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll."
Noch einmal die Enkel sehen
Fatu Abduleimann gehört mit ihren 84 Jahren zu den ältesten Bewohnerinnen des Flüchtlingslagers. In den letzten Jahrzehnten hat sie viel Elend in ihrer Heimat gesehen. Doch so schlimm wie gerade war es noch nie, meint die alte Dame. Ihr einziger Trost: Die meisten ihrer Kinder haben es über die Grenze in den Tschad geschafft. Ihr großer Wunsch: "Noch einmal meine Enkelkinder sehen."
Ein Viertel wird zur Geisterstadt
Außerhalb des Flüchtlingslagers haben fast alle Muslime die Stadt verlassen. Noch vor wenigen Monaten war der sogenannte "Kilometer fünf" das belebte Zentrum der muslimischen Gemeinschaft. Mehr als 100.000 Menschen wohnten und arbeiteten hier, fünf Kilometer von der Innenstadt Banguis entfernt. Inzwischen sind nur noch ein paar Hundert übrig. Die Geschäfte bleiben bis auf weiteres geschlossen.
Warten auf den richtigen Moment
Fast alle der noch verbliebenen Muslime am "Kilometer fünf" wollen nur noch eins: weg von hier. Die Lkw für die Flucht stehen schon bereit. Sie warten darauf, dass ein Konvoi in eines der Nachbarländer startet, nach Kamerun oder Tschad. Aber die Truppen der Afrikanischen Union, die den Konvoi schützen sollen, verschieben das Datum immer wieder.
Die Stadt der Flüchtlingslager
Doch es sind nicht nur die Muslime, die um ihr Leben fürchten. Überall in Bangui finden sich provisorisch errichtete Lager, in denen die christliche und animistische Bevölkerungsmehrheit Schutz sucht: aus Angst vor einer Rückkehr der islamischen Milizen oder weil sie schlicht nichts mehr zu Essen haben und auf Nahrungsmittelspenden hoffen.
Überforderte Helfer
Pastor David Bendima hat auf seinem Kirchengelände mehr als 40.000 Menschen aufgenommen, die vor den Kämpfen im Zentrum der Stadt geflüchtet sind. Doch ausreichend Sicherheit kann er ihnen auch hier nicht garantieren. "Jede Nacht hören wir Schüsse und explodierende Granaten. Die Menschen haben große Angst", sagt der Pastor. Er wirkt müde.
Die letzten Vorräte
Die 16-jährige Chancella Damzousse wohnt in einem Dorf eine halbe Stunde von Bangui entfernt. Sie bereitet das Abendessen zu. "Alles, was noch übrig ist, sind ein paar Bohnen und etwas Sesam", erzählt das Mädchen. 15 Menschen müssen davon satt werden. Seit muslimische Milizen den Ort vor ein paar Monaten zerstörten und viele Christen töteten, hat Chancellas Familie mehrere Nachbarn aufgenommen.
Opfer, Täter, Aufpasser
Direkt neben Chancellas Haus steht ein Wachposten der Anti-Balaka-Miliz. Die Amulette an seinem Körper machten ihn unverwundbar, erklärt er. Die Miliz hat in dem Gebiet die Kontrolle übernommen. Seine Aufgabe sei es, die Dorfbewohner vor Angriffen anderer Rebellen schützen. Doch sein Schutz gilt nur den Christen - alle Muslime haben schon lange den Ort verlassen oder wurden umgebracht.
Hoffen auf Verstärkung
7000 Soldaten der Afrikanischen Union und aus Frankreich sollen in dem zerissenen Land für Sicherheit sorgen. Seit Monaten verhandelt die Europäische Union darüber, zusätzliche Soldaten zu schicken - ohne Ergebnis. Die humanitäre Lage verschlimmert sich indes von Tag zu Tag.