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Flüchtlinge im Fokus der Arbeitgeber

Heiner Kiesel24. November 2015

Bundeskanzlerin Angela Merkel wirbt bei den Unternehmern dafür, Flüchtlingen Arbeitsplätze zu geben. Wer sich gut integriere, bekomme auch eine Bleibeperspektive, so Merkel. Der Wirtschaft reicht das aber nicht.

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Deutscher Arbeitgebertag in Berlin: BDA-Präsident Ingo Kramer am Rednerpult (Foto: picture-alliance/dpa/R. Jensen)
BDA-Präsident Ingo Kramer sieht die Flüchtlingskrise als Chance für die WirtschaftBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Die deutschen Arbeitgeber murren über die wirtschaftpolitische Arbeit der Bundesregierung und erhalten im Gegenzug ein dickes Lob von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für ihre Anstrengungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen. "Ich weiß, dass viele der hier Anwesenden Unglaubliches leisten im Zusammenhang mit hier ankommenden Flüchtlingen", sagte Merkel auf dem diesjährigen Arbeitgebertag in Berlin.

Vor den Vertretern des Bundesverbandes der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) verteidigte sie ihre bisherige humanitär orientierte Flüchtlingspolitik und konstatierte ein Versagen der europäischen Regelungen für Asylsuchende. Sie hielten der "Bewährungsprobe nicht stand", meinte die Bundeskanzlerin.

Sie warb für eine europäische Quotierung der Flüchtlinge und mehr Einsatz auf internationale Ebene, um Flüchtlingselend und Fluchtursachen zu bekämpfen. Vor Merkel hatte bereits Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf gesamteuropäische Anstrengungen zum Schutz der Außengrenzen gedrungen.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf dem Deutscher Arbeitgebertag in Berlin (Foto: picture-alliance/dpa/R. Jensen)
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel fordert in der Flüchtlingspolitik europäischen Zusammenhalt einBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Gute Bleibeperspektiven für Fleißige

Kanzlerin Merkel sprach sich vor den Unternehmern deutlich für eine intensive Integration fähiger Migranten aus. "Die, die sich erfolgreich in die deutsche Wirtschaft einbringen, sollen wirklich eine gute Bleibeperspektive haben", betonte Merkel.

Sie stößt bei diesem Thema auf Zustimmung beim gerade im Amt bestätigten Präsident des Arbeitgebertages Ingo Kramer. Der stellte die Migration angesichts des Nachwuchsmangels der deutschen Wirtschaft generell eher positiv dar. "Vor diesem Hintergrund bringt die gegenwärtige Flüchtlingskrise […] aber doch auch Chancen mit sich", so Kramer. Die nach Deutschland Geflüchteten sollten zügig in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integriert werden, fordert er.

Kramer wünscht sich zudem eine qualifizierte und geregelte Zuwanderung, um Fachkräfte verfügbar zu machen. Flüchtlinge könnten die Engpässe allein nicht beseitigen, ist der Arbeitgeberpräsident überzeugt. "Wir sollten uns da nichts vormachen."

Notwendige erste Schritte zur Integration seien nach Kramer die verpflichtende Teilnahme an Sprachkursen und eine Gleichberechtigung von Asylsuchenden mit hoher Bleibeperspektive und Einheimischen beim Zugang zu Ausbildung und Beschäftigung.

Pläne, die Asylsuchenden schlechter zu bezahlen, als andere Arbeitnehmer, die vergleichbare Tätigkeiten verrichten, lehnte der Arbeitgeberfunktionär ab. "Ohne Wenn und Aber!", unterstrich Kramer. Über eine Hintertür ist für ihn dennoch ein Lohnabschlag denkbar. So könnte man die Flüchtlinge wie Langzeitarbeitslose behandeln. Diese dürfen für weniger als die gesetzlich festgelegten 8,50 Euro beschäftigt werden.

Spitzen der Unternehmerverbände ziehen düstere Bilanz

Neben den drängenden Fragen der Flüchtlingsintegration hatten es sich die Arbeitgeber zur Aufgabe gemacht, auf ihrem Verbandstag eine Halbzeitbilanz der aktuellen Regierung Merkel zu ziehen. Anders als beim Flüchtlingsthema wurde ungewohnt deutlich Kritik laut.

BDI-Chef Ulrich Grillo (Foto: Jörg Carstensen/dpa)
Vergibt schlechte Noten für die Bundesregierung: BDI-Chef Ulrich GrilloBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Ulrich Grillo, der Präsident des Bundes der Deutschen Industrie (BDI), verwehrte sich gegen den Eindruck, dass es Deutschland derzeit wirtschaftlich gut gehe. "Die erste Halbzeit der Großen Koalition hat es verpasst, das Land stärker zu machen und das werden wir merken."

Eric Schweitzer vom Deutschen Industrie und Handelskammertag (DIHK) setzte nach und begründete den guten Eindruck mit den international niedrigen Zinsen und Rohstoffpreisen. "Die Wettbewerbsfähigkeit wurde nicht gesteigert!", monierte BDA-Chef Kramer schließlich und fügte hinzu: "Stillstand ist Rückschritt."

Vorschlag: Flüchtlingsfonds

Die Wirtschaftsminister Deutschlands und Frankreichs haben den Arbeitgebertag genutzt, um die Einrichtung eines 10 Milliarden schweren Fonds vorzuschlagen. Er soll dabei helfen die Flüchtlingsströme zu bewältigen und extremistische Gefahren besser abwehren zu können. Das Geld solle für Kontrollen der Außengrenzen, zur Stärkung der Sicherheit und für die Unterbringung von Flüchtlingen verwendet werden.

Der Fonds sei offen für Länder, die dabei mitmachen wollten, betonte der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. Die Pläne sollen im Detail ausgearbeitet werden, nachdem sie von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Francois Hollande näher geprüft worden sind.