Flüchtlingsamt ächzt unter Antragsflut
3. März 2016Trotz der Einstellung tausender Mitarbeiter rechnet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit immer mehr unerledigten Asylanträgen. Der Rückstau bei der Bearbeitung werde sich zunächst weiter vergrößern, sagte Behördenchef Frank-Jürgen Weise. Er begründete dies damit, dass mehrere hunderttausend Flüchtlinge, die schon länger in Deutschland sind, erst jetzt um Asyl nachsuchen. "Wir gehen davon aus, dass 300.000 bis 400.000 Flüchtlinge im Land sind, die noch keinen Antrag gestellt haben. Dazu kommen 370.000 Altfälle, über die noch entschieden werden muss", sagte Weise der "Passauer Neuen Presse".
Darüber hinaus gebe es in diesem Jahr Kapazitäten für 500.000 neue Fälle. Alles, was darüber hinausgehe, werde die Situation verschärfen. "Wir müssten diese Anträge dann ins Jahr 2017 schieben", so Weise. Insgesamt könne es das Bundesamt schaffen, 2016 mehr als eine Million Verfahren abzuschließen. Falls im gleichen Zeitraum noch einmal eine Million Flüchtlinge nach Deutschland einreisten, stünde das BAMF vor einem Problem - im Moment kämen allerdings deutlich weniger. "Die Zeit nutzen wir, um mehr Altfälle abzuarbeiten."
Weise ging auch auf die Warnung von SPD-Chef Sigmar Gabriel ein, in der Bevölkerung könne der Eindruck entstehen, es werde nur etwas für Flüchtlinge getan, nicht aber für die Bürger. Der Chef des Flüchtlingsamtes, der auch die Bundesagentur für Arbeit leitet, widersprach dieser Einschätzung. "Bei den Langzeitarbeitslosen ist kein Cent gespart worden. Die Förderung wird fortgesetzt. Es gibt keine Benachteiligung." Gabriel hatte ein "neues Solidaritätsprojekt" für die deutsche Bevölkerung verlangt und war damit auf scharfe Kritik bei der Union gestoßen.
Der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Clemens Fuest, warnt in diesem Zusammenhang davor, die deutsche Bevölkerung zu täuschen. Er sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", man habe jetzt zusätzliche Aufwendungen durch den Zustrom der Flüchtlinge. "Trotzdem soll der Bevölkerung offenbar signalisiert werden, dass die höheren Ausgaben nicht zu einer Belastung der Bürger führen - das ist schlicht eine Irreführung", so Fuest. Es sei klar, dass "weniger Geld für uns selbst" da sei, wenn man Geld für Menschen ausgebe, die nach Deutschland kommen.
jj/stu (dpa, afp, kna)