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Forderung: Die NATO nach Nahost

Daniel Scheschkewitz / (mas)20. Juni 2003

Nach der jüngsten Gewaltwelle im Nahen Osten hat US-Präsident George W. Bush die internationale Gemeinschaft aufgefordert, sich stärker im Nahen Osten zu engagieren. Selbst der Ruf nach der NATO wurde in den USA laut.

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Die Eintracht vom Gipfel in Akaba ist längst vorüberBild: AP

Es war niemand Geringeres als John Warner, republikanischer Vorsitzender des Streitkräfte-Ausschusses im US-Senat, der angesichts der jüngsten Gewaltwelle in Nahost einen Einsatz der NATO ins Gespräch brachte. "Die Anwesenheit von Nato-Truppen auf Einladung Israels und der Palästinenser würde ein größeres Maß an Stabilität bringen", so Warner. "Dies ist notwendig, um den Friedensprozess voranzubringen, und damit der palästinensische Ministerpräsident [Mahmud Abbas] die Lage in seinem Land besser in den Griff bekommt."

Internationale Lösung

Selbsmordanschlag auf voll besetzten Bus in Jerusalem Israel
Opfer des jüngsten Selbstmordanschlags in JerusalemBild: AP

Ganz offenbar denkt auch Präsident Bush darüber nach, die Lösung des Konflikts stärker zu internationalisieren. Bei seiner Verurteilung des jüngsten Selbstmordanschlags in Jerusalem appellierte er an die freie Welt, mehr für den Frieden im Nahen Osten zu tun, ohne allerdings die NATO beim Namen zu nennen. "Ich verurteile diese Anschläge aufs Schärfste", sagte Bush. "Und ich fordere die gesamte freie Welt dringend dazu auf, ihr ganzes Gewicht einzubringen, die Gewalt nicht nur zu verurteilen, sondern sie künftig auch zu verhindern." Insbesondere die Hamas müsse isoliert und ihre Finanzierung unterbunden werden, sagte Bush weiter.

Der Einsatz einer internationalen Beobachtermission in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten war in der Vergangenheit immer wieder einmal diskutiert worden. Bislang hatte sich Israel jedoch stets dagegen ausgesprochen und lediglich US-amerikanische Beobachter akzeptieren wollen.

Frustration

Doch in US-Regierungskreisen wächst eine Woche nach dem spektakulären Dreiergipfel im jordanischen Akaba die Frustration. Zwar ist man im Weißen Haus und im US-Außenministerium fieberhaft darum bemüht, eine weitere Eskalation der Gewalt im Nahen Osten zu verhindern. Doch angesichts der jüngsten Welle der Gewalt wird inzwischen immer häufiger betont, dass die so gennannte "Straßenkarte zum Frieden" - der Fahrplan also, der zu einer Beruhigung der Lage und letztlich zu einem unabhängigen Palästinenserstaat führen soll - an Resultaten orientiert sei. In dem Maße, indem sich jedoch der palästinensische Ministerpräsident Mahmud Abbas als unfähig erweist, den Terrorgruppen im palästinensischen Lager Einhalt zu gebieten, schwindet auch das Vertrauen der US-Regierung in ihn. Abbas möge guten Willens sein - so heißt es im State Department - letztlich fehle es ihm aber an der politischen Macht, seinen Worten auch Taten folgen zu lassen.

Rückschlag

Für Bush ist die jüngste Eskalation der Gewalt auch ein persönlicher Rückschlag, hatte er doch nur eine Woche zuvor mit seinem Besuch in der Region einen Neuaufbruch zum Frieden markieren wollen. Die feierlichen Worte des Gipfels von Akaba scheinen nun aber innerhalb nur weniger Tage von der gewalterfüllten Realität des Nahen Ostens ausgelöscht. Zuerst der Angriff der radikalen Palästinenserbewegung Hamas im Gazastreifen, bei dem vier Soldaten getötet wurden; dann der israelische Attentatsversuch auf Hamas-Führungsmitglied Abdelasis el Rantissi, bei dem drei Menschen ums Leben kamen; und schließlich der zerbombte Bus in der Jerusalemer Innenstadt, in dem mindestens 17 Menschen starben. Dieses letzte Attentat beanwortete Israel wiederum am frühen Donnerstagmorgen (12.6.2003) mit einem Luftangriff auf Gaza, bei dem zwei weitere Menschen ums Leben kamen. Bei den Opfern handelte es sich um Mitglieder der militanten Hamas-Bewegung.

Selbst der persönliche Einsatz des US-Präsidenten hat diesen Zyklus der Gewalt nicht aufbrechen können. Fast ein wenig hilflos wirkte Bush denn auch, als er in abgedroschener Formel den Jerusalemer Anschlag am Mittwoch "entschieden" verurteilte.