Georgiens neuer Regierungschef kritisiert Moskau
8. September 2019Bei einer Abstimmung im Parlament erhielt der frühere Lufthansa-Manager Giorgi Gacharia 98 Stimmen der Regierungspartei Georgischer Traum, wie Medien in der Hauptstadt Tiflis berichten. Es habe keine Gegenstimme gegeben. Allerdings hatte sich die Opposition nicht an der Abstimmung beteiligt.
Zuvor war nach nur einem Jahr im Amt Mamuka Bachtadse als Ministerpräsident zurückgetreten. Sowohl er als auch sein Nachfolger Gacharia gelten als treue Gefolgsleute des Multimilliardärs Bidsina Iwanischwili, der die Strippen in der Kaukasusrepublik zieht. In einem Jahr wählt die Ex-Sowjetrepublik ein neues Parlament.
Gacharia war zuletzt Innenminister. Von 2008 bis 2013 war er als Direktor bei der deutschen Fluggesellschaft Lufthansa für die Geschäftsentwicklung in Osteuropa und in den Staaten der früheren Sowjetunion zuständig. Als Innenministers stand der 44-Jährige zuletzt bei den Massenprotesten in Tiflis wegen des harten Vorgehens der Polizei in der Kritik.
Als Regierungschef bekräftigte er, dass Georgien weiter einen EU- und einen NATO-Beitritt anstrebt und die Beziehungen zu den USA vertiefen will. Gacharia, der in Moskau Politologie studierte, sagte, dass für sein Land die "Okkupation" der abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien heute das größte Problem darstelle. 20 Prozent des georgischen Staatsgebiets seien wirtschaftlich nicht nutzbar.
Russland hatte 2008 nach einem kurzen Krieg gegen Georgien die Kontrolle über Abchasien und Südossetien übernommen und beide als unabhängige Staaten anerkannt. Von Moskau werden sie militärisch und finanziell unterstützt.
Abchasen stimmen über Präsidenten ab
Trotz des Einspruchs aus Tiflis wurde in Abchasien ein neuer Präsident bestimmt. Zur Wahl standen der Moskau-treue Amtsinhaber Raul Chadschimba und Oppositionsführer Alchas Kwizinia. Beide hatten im ersten Durchgang im August unter den neun Kandidaten die meisten Stimmen geholt. Chadschimba erreichte damals rund 25 Prozent, sein Gegner knapp 23 Prozent der Stimmen. Ergebnisse des zweiten Durchgangs sollen am Montag vorliegen.
Tiflis erkennt die Stichwahl nicht an. Für die Abstimmung gebe es weder eine rechtliche noch eine politische Grundlage, sagte Vize-Außenminister Lascha Darsalia einheimischen Medien. Es handele sich lediglich um einen weiteren Versuch Russlands, die illegale Besetzung der Region rechtlich zu festigen. Die EU und auch die deutsche Bundesregierung hatten den ersten Wahlgang als unrechtmäßig kritisiert.
uh/sti (dpa)