Der Ausnahmezustand wird Gesetz
3. Oktober 2017Mit erwartet breiter Mehrheit haben die Abgeordneten des französischen Parlaments ein neues Anti-Terror-Gesetz verabschiedet. Die Nationalversammlung stimmte den neuen Regeln mit 415 zu 127 Stimmen zu, es gab 19 Enthaltungen. Auch Abgeordnete der Sozialisten und der konservativen Republikaner stimmten für das Gesetz. Mit den neuen Regeln will die Regierung von Emmanuel Macron bestimmte Maßnahmen des seit 2015 geltenden Ausnahmezustands in abgeschwächter Form ins normale Recht übernehmen. Der Ausnahmezustand wurde nach den Terroranschlägen vom November 2015 verhängt und bereits sechsmal verlängert.
Das neue Gesetz erweitert nun dauerhaft die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden. So können etwa der Innenminister wie auch die Präfekten in den Départements ohne richterliche Anordnung die Bewegungsfreiheit von Verdächtigen einschränken oder umfangreiche Polizeikontrollen an Bahnhöfen oder Flughäfen anordnen. Innenminister Gerard Collomb sprach von einer "nachhaltigen Antwort auf eine permanente Bedrohung" durch den Terror, wie den der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS). Auf ihr Konto gehen die meisten der Anschläge mit bisher 241 Todesopfern in Frankreich.
Sorge vor Allmacht der Behörden
Die Linkspartei "Das Unbeugsame Frankreich" und die Kommunisten kritisieren das neue Anti-Terror-Gesetz und warnen vor einer Allmacht der Behörden, einem "permanenten Ausnahmezustand" und einer Beschränkung der Freiheitsrechte. Auf Druck der Linken schwächte die Regierung von Präsident Macron zuletzt einige Vorgaben ab. So dürfen die Behörden die erweiterten Befugnisse nicht länger anwenden, um die öffentliche Ordnung sicherzustellen.
Viele Franzosen hatten sich empört, dass die sozialistische Vorgängerregierung den Ausnahmezustand mehrfach nutzte, um hart gegen Demonstranten vorzugehen - etwa bei den Protesten gegen die Arbeitsrechtsreform oder am Rande des Pariser Klimagipfels im Dezember 2015.
Das Gesetz könnte noch verschärft werden
Den Rechtsnationalisten geht das Gesetz dagegen nicht weit genug. Front-National-Chefin Marine Le Pen kritisiert, dass keine geeigneten Maßnahmen zum Kampf gegen den Islamismus vorgesehen seien. Die konservativen Republikaner sind gespalten: Ein Teil von ihnen unterstützt die Regierung, die Mehrheit fordert aber eine weitere Verschärfung.
Bevor das neue Anti-Terror-Gesetz in Kraft treten kann, muss es noch mit dem Senat, der zweiten Kammer des französischen Parlaments abgestimmt werden. Weil dort die Konservativen die Mehrheit haben, könnte die Vorlage noch in einigen Punkten verschärft werden. Die Konservativen verlangen vor allem, als besonders radikal bekannte Gefährder präventiv zu internieren. Die Regierung lehnt dies aber ab. Falls die beiden Parlamentskammern sich nicht einigen können, sitzt die Nationalversammlung letztlich aber am längeren Hebel.
cw/myk (dpa, afp)