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Paris setzt auf Ausnahmezustand

19. November 2015

Sechs Tage nach den Anschlägen verschärft Frankreich seine Sicherheitsgesetze und fürchtet neue Gefahren. Premier Valls warnt im Parlament, terroristische Angriffe mit biologischen und chemischen Waffen seien möglich.

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Frankreich - Präsident Hollande spricht vor der Nationalversammlung und dem Senat
Bild: Reuters/Philippe Wojazer

Die französische Nationalversammlung hat der Verlängerung des Ausnahmezustands um drei Monate mit großer Mehrheit zugestimmt. Die Abgeordneten votierten am Donnerstag in Paris auch für teils erweiterte Befugnisse der Sicherheitsbehörden. 551 Abgeordnete stimmten dafür, 6 dagegen, es gab eine Enthaltung. Während des Ausnahmezustands sollen Gruppierungen, die als "schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung" eingestuft werden, aufgelöst werden können.

Das Vorhaben braucht noch die Zustimmung des Senats. Dieser soll sich am Freitag damit befassen. Grundsätzlich ist der Ausnahmezustand in Frankreich nur für eine Dauer von zwölf Tagen vorgesehen. Er kann per Gesetzesbeschluss jedoch um drei Monate verlängert werden. Der Ausnahmezustand war am Samstag nach den Terroranschlägen von Paris mit 129 Todesopfern ausgerufen worden.

Valls warnt

Vor der Abstimmung im Parlament machte Premier Manuel Valls auf weitere terroristische Gefahren aufmerksam. "Wir dürfen nichts ausschließen", so der Regierungschef . Er sage dies mit aller Vorsicht: Man müsse wissen und im Kopf behalten, dass es ein Risiko von chemischen oder biologischen Waffen gebe. Eine Gefahr für weitere Anschläge sieht auch der Chef von Europol, Rob Wainwright. Sie seien wahrscheinlich, sagte er.

Derweil warnte Amnesty International (AI) vor einer Verletzung der Menschenrechte durch den Ausnahmezustand wegen der Terrorgefahr in Frankreich. "Ausnahmemaßnahmen müssen die Öffentlichkeit schützen, ohne auf Menschenrechten herumzutrampeln", erklärte die Menschenrechtsorganisation. Die Sondergesetze dürften nicht zum Dauerzustand im Anti-Terror-Kampf werden, heißt es in einer AI-Mitteilung aus London. "Derzeit ist der Schutz der Bevölkerung von weiteren, unmittelbar bevorstehenden Angriffen zu Recht Priorität Nummer eins", meinte Amnesty. Doch Ausnahmegesetze dürften nur angewendet werden, wenn es unbedingt notwendig sei.

Belgien investiert in den Anti-Terror-Kampf

Zeitgleich zu Valls Rede im französischen Parlament, kündigte Belgiens Ministerpräsident Charles Michel an, die Gesetze gegen Hassprediger in seinem Land zu verschärfen. Aus Syrien heimkehrende IS-Kämpfer sollen inhaftiert werden. Für die Terrorismusbekämpfung will die Regierung 400 Millionen Euro bereit stellen. Der Regierungschef sprach sich für schärfere Kontrollen an den Außengrenzen der Europäischen Union aus. Zudem kündigte er an, dass ein belgisches Kriegsschiff den französischen Flugzeugträger "Charles de Gaulle" bei dessen Einsatz gegen den IS unterstützen werde.

Bei neuen Razzien in Brüssel wurden am Donnerstag neun Verdächtige festgenommen. Sieben von ihnen seien im Zusammenhang mit dem Pariser Selbstmordattentäter Bilal Hadfi inhaftiert worden, teilte die belgische Staatsanwaltschaft mit. Die anderen beiden Festnahmen stünden in einem weiteren Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen vom Freitag vergangener Woche. Belgien steht im Zentrum der Ermittlungen wegen des Anschlags am Freitag in Paris. Mindestens zwei der Attentäter haben nach bisherigen Erkenntnissen in Belgien gelebt. Über ihren Verbleib herrscht weiterhin Unklarheit.

Festnahmen in Paris

Bei einem dramatischen, von heftigen Schusswechseln begleiteten Anti-Terror-Einsatz in Saint-Denis nördlich der Hauptstadt nahmen Spezialkräfte am Mittwoch acht Verdächtige fest. Mindestens zwei weitere Terrorverdächtige kamen ums Leben, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.

Seit der Mordserie, zu der sich die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bekannte, gab es in Frankreich mehr als 400 Hausdurchsuchungen. 64 Menschen wurden vorläufig festgenommen, 60 kamen in Polizeigewahrsam. 118 Menschen wurden unter Hausarrest gestellt.

bri/haz/kle (dpa, afp, reuters)