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Kagumires Kampf für Gleichberechtigung

31. März 2022

Sie ist engagiert, techaffin, bestens vernetzt: Die ugandische Journalistin Rosebell Kagumire kämpft online wie offline für Frauenrechte, Frieden und Demokratie.

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Rosebell Kagumire aus Uganda während eines Interviews auf einer Terrasse in Dakar, Senegal
Rosebell Kagumire, eine politische Aktivistin aus UgandaBild: DW

Rosebell Kagumire kämpft für Frauenrechte

"Das Internet hat uns geholfen, Sprachbarrieren und Grenzen zu überwinden. Es ist ein mächtiges Werkzeug unserer Zeit." Konzentriert scrollt Rosebell Kagumire durch ihre Twitter-Timeline, hält nach neuen Themen Ausschau. Die ugandische Journalistin und Aktivistin kuratiert die Webseite "AfricanFeminism.com", die Frauen auf dem afrikanischen Kontinent eine Stimme geben möchte: "Bei meiner Arbeit geht es darum, die Realität afrikanischer Frauen zu dokumentieren, aber auch darum ihre Errungenschaften zu feiern." Dazu arbeitet sie afrikaweit mit rund 30 Autorinnen zusammen, die diese Plattform nutzen, um ihren Kampf für mehr Rechte zu dokumentieren.

Bereits mit 18 Jahren begann Rosebell Kagumire für verschiedene nationale und internationale Online-Medien zu schreiben. Der Schutz von Mädchen und Frauen war stets eins ihrer Hauptanliegen: "Die Lebenswirklichkeit afrikanischer Frauen und Mädchen ist in vielerlei Hinsicht immer noch erschreckend", sagt Kagumire im Interview mit der DW. "Sexueller Missbrauch ist weiterhin ein sehr großes Problem." Frauen und Mädchen würden auf offener Straße belästigt, auch in der Arbeitswelt seien sexuelle Übergriffe keine Seltenheit, die meisten Täter befänden sich allerdings im familiären Umfeld, so Kagumire weiter. "Die Mädchen sind also noch nicht mal in ihren Familien sicher. Solange die Sicherheit und das Wohlergehen von Frauen so stark bedroht sind, können wir uns als Kontinent nicht weiterentwickeln. Wir können nicht durchstarten."

Rosebell Kagumire arbeitet an ihrem Laptop
Rosebell Kagumire machte sich früh als Bloggerin und Journalistin einen NamenBild: DW

Große Unterschiede auf dem Land und in der Stadt 

In den ländlichen Regionen Afrikas sind Mädchen und Frauen oftmals in patriarchalischen Strukturen gefangen, die ihnen ein "Durchstarten" nur schwer möglich machen: In insgesamt 28 Ländern ist weibliche Genitalverstümmlung nach wie vor eine festverankerte Tradition, die für die Betroffenen schlimme gesundheitliche Folgen mit sich bringt. Kinderehen sind nach wie vor keine Seltenheit und der Zugang zu Bildung ist oftmals nur den Jungen vorbehalten. Hinzukommen wirtschaftliche Benachteiligungen, die den Frauen finanzielle Unabhängigkeit erschweren: "Die meisten Afrikaner sind nach wie vor auf die Landwirtschaft angewiesen, doch afrikanische Frauen besitzen kaum Land", erklärt Kagumire. In der Erbfolge würden meistens nur die männlichen Nachfahren berücksichtigt, bei Frauen gehe man davon aus, dass "Du aufwächst, heiratest und sich Dein Ehemann um Dich kümmert."

Kagumire ist in einer progressiven Familie groß geworden, die ihre Kinder gleich behandelte und ihnen den Zugang zu Bildung ermöglichte. Gerade ihr privilegierter Background motiviere sie am meisten, sich für eine gerechtere Welt einzusetzen, so die Feministin. Ihr Forum sind die Sozialen Netzwerke. Dort hat sie Gleichgesinnte gefunden; junge, gebildete und techaffine Frauen, die vehement ihre Forderungen nach mehr Gleichberechtigung, Freiheit und sozialer Teilhabe stellen. Über Twitter, Instagram, WhatsApp und Co. machen sie auf Missstände in ihren Gesellschaften aufmerksam und befeuern online wie offline Protestbewegungen auf dem ganzen Kontinent.

Protest online und offline

Etwa die #EndSARS-Bewegung, die sich für die Abschaffung der gefürchteten Polizei-Spezialeinheit "Special Anti-Robbery Squad" (SARS) einsetzt. In Nigeria sind die Proteste unter dem Hashtag #EndSARS zu einer der größten Widerstandsbewegungen in der Geschichte des Landes geworden. Als im Oktober 2020 bewaffnete Einheiten der nigerianische Streitkräfte auf unbewaffnete #EndSARS-Demonstranten schossen, gingen diese Bilder weltweit viral. Bis heute stellt die nigerianische Regierung diesen Vorfall als eine von den internationalen Medien aufgebauschte Lügengeschichte dar. Versuche, die Meinungsfreiheit in dem westafrikanischen Land einzuschränken, nehmen seitdem zu. Im Juni 2021 ließ die Regierung Twitter sperren, als Reaktion auf "die dauerhafte Nutzung der Plattform für Aktivitäten, die fähig sind, Nigerias Existenz zu untergraben".

Ein unbewaffneter Demonstrant steht einem schwer bewaffnetem Soldaten gegenüber
Die Spezialeinheit "Special Anti-Robbery Squad" (SARS), sollte Bürger eigentlich vor schweren Gewaltverbrechen wie Raub schützen, doch neben Machtmissbrauch und Korruption werden ihr auch Vergewaltigung und sogar Mord vorgeworfen.Bild: PIUS UTOMI EKPEI/AFP/Getty Images

"Soziale Medien zu verbieten oder das Internet abzuschalten, sind aktuell die perfekten Maßnahmen eines Diktators gegen die Menschen auf diesem Kontinent", so Kagumire. "Sie richten sich gegen eine Generation von jungen Menschen, die nicht länger schweigen kann."

Rosebell Kagumire kennt solche Repressionsversuche aus ihrem Heimatland Uganda: Während des diesjährigen Wahlkampfs ließ Langzeitpräsident Yoweri Museveni, der seit mehr als 35 Jahren das ostafrikanische Land führt, die Geschwindigkeit des Internets drosseln. "Museveni hat mit der Lebensgrundlage so vieler Menschen gespielt", sagt die Journalistin. "Es geht also sowohl um die freie Meinungsäußerung als auch darum, dass das Internet ein Ort ist, an dem viele Menschen Geld verdienen."

Rosebell Kagumire blickt stolz und offen in die Kamera.
Stolz darauf, Feministin zu sein: Rosebell KagumireBild: Isaac Kasamani/AFP/Getty Images

Über Monate erschütterten heftige Proteste das ostafrikanische Land. Sicherheitskräfte gingen immer wieder gegen die Opposition vor. Bobi Wine, der prominenteste Oppositionskandidat und Hoffnungsträger der mehrheitlichen jungen Bevölkerung wurde mehrfach verhaftet. Nach der umstrittenen Wiederwahl Musevenis verschlechterte sich die Stimmung in Uganda noch mehr.

Um uneingeschränkt ihrer journalistischen und aktivistischen Arbeit nachgehen zu können, war Rosebell Kagumire einige Monate in die senegalesische Hauptstadt Dakar gezogen: "Ich brauchte eine Pause von meinem eigenen Land", so die junge Frau. "In Kampala werden Menschen auf der Straße getötet und wir leben in einer Diktatur. Das ist anstrengend, vor allem für Menschen, die weiterhin protestieren. Man hat ständig Angst hat, dass jemand, den man kennt, stirbt."

Nichtsdestotrotz ist sie zwischenzeitlich wieder nach Uganda zurückgekehrt und hatte auch dort ihre Arbeit wieder aufgenommen. Schweigen wird sie erst, wenn "alle Menschen auf diesem Kontinent respektiert" werden.