"Frei Schnauze à la turka"
Mit dem Mikrofon in der Hand gegen Ausländerfeindlichkeit, Diskriminierung und konservative islamische Traditionen: Bereits in den frühen 1990er Jahren entdeckten junge türkische Migranten in Berlin den Hip-Hop.
Berlins türkische Hip-Hop-Szene
Mit dem Mikrofon in der Hand gegen Ausländerfeindlichkeit, Diskriminierung und konservative islamische Traditionen: Bereits in den frühen 1990er Jahren begannen junge türkische Migranten den Hip-Hop für sich zu entdecken. Vor allem die Clubs, Kulturzentren und Hinterhöfe im Multikulti-Viertel Kreuzberg entwickelten sich rasch zu einer Drehscheibe des deutsch-türkischen Raps in Berlin.
Pioniere des deutsch-türkischen Hip-Hops
Das Musik-Kollektiv "Cartel" startete den musikalischen Siegeszug. Mit orientalischen Beats, Samples und gesellschaftskritischen Texten trafen sie den Nerv der jungen Migranten. Ihr Debütalbum brachte der Rap-Formation um Hakan K. (l.) und Erci E. aus Berlin 1995 einen Achtungserfolg. Später liefen sie auf MTV und VIVA. Und Rockmusiker Peter Maffay produzierte mit ihnen das Album "Begegnungen“.
Grenzüberschreitend: Agitpop aus Berlins Hinterhöfen
Der neue deutsch-türkische Hip-Hop-Boom sollte kein regionales Musikphänomen bleiben. Schon bald breitete sich das Hip-Hop-Virus von der Spree bis an den Bosporus aus. In den großen türkischen Metropolen wie Istanbul und Ankara wurden die eigenwilligen Sounds und provokativen Sprechgesänge auf Deutsch und Türkisch von Jugendlichen mit Begeisterung aufgenommen.
Ceza-Rapstar
Fortan kam es zu wechselseitigen Musik-Crossover-Projekten deutscher und türkischer Rapper: Der Berliner Rapper Ceza produzierte mit dem türkischen Hip-Hop-Duo "Nefret“ 1998 gleich zwei Alben. Bekannt wurde Ceza einige Jahre später durch den Film "Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul“ von Regisseur Fatih Akin. 2007 gewann er als "Best Turkish Act“ bei den MTV Music Awards.
Brücke zwischen Hip-Hop und Sozialarbeit
Der türkischstämmige Rapper "Challa“ (alias Caglar Budlaki) aus Kreuzberg war in seinem Kiez jahrelang in Straßengangs aktiv und musste wegen seiner Straftaten ins Gefängnis. Heute ist der 31-Jährige geläutert und unterrichtet Hip-Hop und Breakdance an Berliner Schulen und Kulturzentren wie dem Kreuzberger Jugendzentrum Wasserturm.
Provokation als Prinzip
Sozial engagiert ist auch der zur Rap-Ikone avancierte „Kool Savas“, der in Kreuzberg aufwuchs und zum Hip-Hop fand. Der selbsternannte "King of Rap“ unterstützt Hilfsorganisationen wie "Visions for Children e.V.". Seine Pop-Ballade "Der beste Tag meines Lebens“ landete 2002 in den deutschen Top Ten. Mit seinen provokanten Songs eckt der Künstler an. Kritiker fragen: Ein Aufruf zu Gewalt?
Auf Augenhöhe mit den Berliner Jungs
Dass Hip-Hop keine reine Männer-Domäne ist, beweist die Kreuzberger Rapperin und Schauspielerin Aziza A. Auch sie zählt zu den Pionieren des deutsch-türkischen Raps: 1997 legte sie mit "Es ist Zeit“ ihr erstes Album vor. Mit bissig-ironischen Wortspielen thematisiert sie die prekäre Lebenssituation türkischer Jugendlicher und wendet sich gegen gängige Klischees über türkische Frauen.