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Freie Fahrt zum Fisch

Klaus Dahmann2. Mai 2004

Lange war der Grenzverlauf egal. Auch auf See. Doch nun streiten sich die Nachbarn Kroatien und Slowenien. Denn die slowenischen Gewässer sind klein und vom offenen Meer abgeschnitten. Das ärgert die Fischer - noch.

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Die slowenischen Gewässer sind zu klein und deshalb leergefischtBild: Klaus Dahmann

Strahlend blauer Himmel, die Sonne brennt auf das malerische Fischerdorf Piran am West-Zipfel Sloweniens. Dennoch: kein Wetter zum Fischen. Denn die Bora, der Frühlingswind, peitscht Wellen an die Kai-Mauer. Und so liegen die rund 20 Fischerboote von Piran untätig in der windgeschützten Hafen-Bucht. Auch die sechs Meter lange Barke von Edvard Saksida, die den etwas übertrieben klingenden Namen "Orkan" trägt. Acht Monate im Jahr könne er rausfahren, sagt Saksida. Aber: "Es ist kein Fisch da. Jetzt war es drei Monate lang wie tot, kein Fisch."

Umzingelte Hoheitsgewässer

Edvard Saksida, ein stämmiger Mann Ende 40 mit wettergegerbtem Gesicht, sitzt auf dem Deck seines Bootes und befreit seine Netze geduldig von Algen und Muscheln. Hier Fischer zu sein, sagt er, das reiche heutzutage noch gerade so, damit seine Frau und er überleben könnten: "Früher hat man das Netz ausgeworfen und hatte gleich 100 Kilo Fisch gefangen. Jetzt nicht mehr."

Fischerdorf Piran in Slowenien
Das Fischerdorf Piran in SlowenienBild: Klaus Dahmann

Der slowenische Haupthafen Koper ist knapp 15 Kilometer entfernt, noch einmal 15 Kilometer weiter nördlich sieht man schon die italienische Hafenstadt Triest. Für den großen Fang muss Edvard Saksida weit rausfahren. Da gibt's dann zwar Haie - aber auch italienische und kroatische Polizei-Boote, die hier patrouillieren und den Fischern von Piran den Weg versperren. Denn die slowenische Küste ist nur knapp 40 Kilometer lang und verläuft so ungünstig, dass nach sechs Meilen Schluss ist: Die slowenischen Hoheitsgewässer sind eingekeilt zwischen den Seegrenzen der beiden Nachbarländer.

Streit um den Fisch: Kaufen oder selber fangen?

Einen Zugang zur offenen Adria haben die Slowenen nicht. Denn seit Slowenien und Kroatien unabhängig sind, dürfen die Piraner nur noch in eigenen nationalen Gewässern fischen. Und das hat innerhalb weniger Jahre dazu geführt, dass der kleine Küstenstreifen leergefischt war.

Anfang der 1990er Jahre nahmen es die Kroaten mit der Grenze noch nicht so genau. Doch jetzt sieht das anders aus, weiß Edvard Saksida: "Wenn die dich schnappen, musst du 2500 Euro zahlen. Sonst lassen die dich nicht laufen. Oder sie beschlagnahmen dein Boot." Derartige Erfahrungen haben Fischer aus Piran 2002 gemacht, als sie über die See-Grenze fuhren - offenbar absichtlich. Und dadurch entwickelte sich der Streit zwischen den Regierungen in Ljubljana und Zagreb zum offenen Konflikt. Es gab zwar immer wieder die Überlegung, den Grenzverlauf zwischen beiden Staaten von einem internationalen Schiedsgericht klären zu lassen, doch letztlich machte eine Seite immer in letzter Sekunde einen Rückzieher.

EU-Beitritt macht den Wasserweg frei

An der Adria haben sich in den letzten Monaten die Wogen wieder geglättet - nicht zuletzt wegen der Beitritts-Ambitionen beider Länder zur EU. Denn die fordert von allen Aufnahme-Kandidaten, dass sie keine offenen Grenz-Streitigkeiten mit ihren Nachbarn haben. Und so wollen die Außenminister beider Länder nun doch noch einen internationalen Schiedsspruch anstreben. Mit dem 1. Mai hat sich das Problem für die Fischer von Piran ohnehin erübrigt: Seitdem sind die Slowenien in der EU, und damit stehen ihnen die italienischen Küsten-Gewässer offen. Auf diesem Weg können sie auch wieder in die offene Adria hinausfahren.

Wird also nun alles einfacher? Edvard Saksida sieht schon wieder andere Probleme kommen. Denn die Konkurrenz aus Italien sei bestimmt erdrückend. Ans Aufgeben denkt er dennoch nicht. "Ich bin ja nicht mehr 20, dass ich irgendwo einfach einen Job bekäme. Ich hab alles in die Fischerei investiert, aber wenn ich da nicht mehr mithalten kann... Naja, ich werde schon irgendwie überleben."