Freie Jagd auf die Dämonen
13. August 2004Zwei Millionen Fans haben das als zumindest nicht gerade gewaltarm bekannte Computerspiel "Doom 3" in den USA schon gekauft, und das innerhalb einer Woche. Der erste Eindruck ist Vertrautheit - nicht nur für diejenigen Spieler, die inzwischen die 30 überschritten haben und die der Spieleschmiede "id" und deren "First-Person-Shootern" huldigen. Die Rahmengeschichte des seit vier Jahren von der Fangemeinde erwarteten Spiels ist simpel: Ein Soldat trifft auf einer Forschungsstation ein, auf der seltsame Dinge passieren, und bald sieht er sich mit wenigen Waffen den gesammelten Albträumen der Hölle gegenüber. So weit entspricht die Geschichte zahllosen Hollywood-B-Movies. Doch hier endet die Ähnlichkeit: B-Movies haben ein gutes Ende.
Monster-Jagd mit Musik vom Metal-Fachmann
Sich entspannt zurücklehnen ist schließlich auch das Letzte, was ein echter "Doom"-Fan möchte: Es geht ihm nicht ums Gewinnen, es geht ums Überleben; darum, auf alles zu schießen, was sich bewegt, bis man nach ein paar Stunden erschöpft und ausgepumpt wieder einige Ebenen des Spiels überlebt hat. "Du merkst, dass Du zu lange Doom gespielt hast... wenn Du mit der Kettensäge ins Bett gehst", lautet ein Scherz in der Spielerszene in Anspielung auf eine der Nahkampfwaffen, die dem Einzelkämpfer auf seinem Weg durchs Labyrinth zur Verfügung stehen.
Und auch diesmal hat Spieldesigner John Carmack alle Register der Technik gezogen, um die Spieler das Fürchten zu lehren. Für die Musik wurde der amerikanische Metal-Musiker Chris Vrenna angeheuert. An den Gebäudeplänen, den Monstern und der Grafik wurde vier Jahre gefeilt. Überhaupt die Grafik: Wenn überhaupt, sind die Bilder zu realistisch, um den PC anschließend einfach auszuschalten - und wenn die künstliche Erschaffung der Monsterlegionen Spuren hinterlassen hat, dann tragen sie eher zum Horror bei: Wie echt kann etwas aussehen, das nicht existiert?
Ballerspiel soll Bestseller werden
Somit ist alles getan, um zumindest dem echten Fan Freude zu bereiten. Dementsprechend zufrieden ist auch die Firma Activision, die den Vertrieb in Deutschland übernommen hat, mit dem derzeitigen Stand der Vorbestellungen. Auch die großen Mediendiscounter haben vorgesorgt: "Doom 3 hat das Potenzial zum Bestseller des Jahres", findet Bernhard Lippmann von der Elektronik-Kette Saturn.
Und vom jetzt in Deutschland gestarteten Verkauf des Ego-Shooters werden auch die Hardware-Hersteller profitieren, denn in vielen Fällen wird nur eine neue Grafikkarte oder gleich ein neuer Rechner es überhaupt schaffen, die Hölle in all ihrer Pracht erstehen zu lassen.
Bisher keine Kritik
Fast sicher ist anzunehmen, dass der Erfolg des Spiels eine neue Diskussion lostreten wird über Gewaltdarstellungen in Computerspielen. Bisher jedoch regt sich keine Kritik an der Entscheidung der "Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle" (USK), das Spiel ab 18 Jahren freizugeben. "Wenn man sich das Spiel genau anschaut, fehlen viele der bei den Vorgängern inkriminierten Elemente", erklärt Karl-Peter Gerstenberger, der Sprecher der USK. "Doom 3 hat viele Elemente eines Adventures, die Fantasy-Elemente sind deutlich erkennbar." Ob sich die öffentliche Wahrnehmung tatsächlich hinreichend geändert hat, um in "Doom" nur ein grafisch opulentes Spiel zu sehen, wird sich zeigen müssen, schließlich herrscht Sommerloch.