Freital und der rechte Terror
7. März 2017Sommer 2015. Etliche aufgebrachte Einwohner von Freital haben Angst. Deutschland nimmt in jenem Sommer hunderttausende Kriegsflüchtlinge auf. Und wie in so vielen Städten gehen deshalb auch im sächsischen Freital "besorgte Bürger" auf die Straße - Seite an Seite mit Rechtspopulisten und organisierten Neonazis.
Die Demonstranten fürchten, dass Flüchtlinge den Terror dieser Welt nach Deutschland bringen könnten. Sie sollten Recht behalten, allerdings ganz anders als gedacht. Denn mit den Geflüchteten kommt wirklich der Terror in die 40.000 Einwohner Stadt in der Nähe von Dresden. Allerdings sind die Täter keine Asylbewerber aus Syrien oder dem Irak, sondern aus Freital - sie sind Busfahrer und Altenpfleger, weiß und deutsch.
Konspirativ und kriminell
Spätestens in jenem Sommer hätten sich sieben Männer und eine Frau in Freital zu einer kriminellen Gruppe zusammengeschlossen. So sieht es der Generalbundesanwalt, Deutschlands oberster Terrorankläger. Den acht Mitgliedern der "Gruppe Freital", gegen die an diesem Dienstag der Prozess vor dem Dresdner Oberlandesgericht beginnt, wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung und versuchter Mord zur Last gelegt.
Während tausende Menschen demonstrieren, setzt die Gruppe Freital auf Taten. Die Rechtsextremisten sehen sich als Verteidiger des deutschen Volkes - gegen Flüchtlinge, gegen Einwanderer, gegen politisch Andersdenkende. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist für sie eine Volksverräterin.
Die Gruppe kommuniziert konspirativ. In sogenannten "Schwarzen Chats" des Internets und über Telefonate planen sie ihre Taten. Sie organisieren sich Sprengstoff. Fünf Anschläge sollen sie verübt haben: auf Flüchtlingsunterkünfte, auf das Auto und das Büro eines Unterstützers und auf ein linkes Wohnprojekt. Dass niemand verletzt wurde, ist reines Glück. Bei einer Verurteilung müssten die Gruppenmitglieder im Alter zwischen 19 und 39 Jahren mit langjährigen Haftstrafen rechnen.
Härte gegen rechte Gewalt
In den vergangenen Monaten haben deutsche Gerichte immer wieder lange Haftstrafen für Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verhängt. Sie sollen ein starkes Signal an die gewaltbereite rechte Szene sein. Denn Deutschland erlebt seit der Aufnahme von Flüchtlingen 2015 eine alarmierende Welle der Gewalt.
Allein in Sachsen kommt es im Jahr 2016 zu zahlreichen Brandanschlägen auf Asylbewerberheime. 700 Menschen wurden im vergangenen Jahr in dem ostdeutschen Bundesland von Neonazis angegriffen. Unter den Opfern waren 73 Kinder.
Ins Visier geraten zunehmend auch Politiker. Zahlreiche Volksvertreter haben sich deswegen sogar aus der Politik zurückgezogen, darunter der Oberbürgermeister von Tröglitz, Markus Nierth, und der Oberbürgermeister von Reutlingen, Ralph Schönenborn, der Morddrohungen erhielt. Beide hatten sich für Flüchtlinge eingesetzt.
Besorgniserregend ist zudem die Unterstützung von Rechtsextremisten durch staatliche Behörden. So wurde die "Gruppe Freital" offenbar von Polizisten mit Informationen versorgt. Und obwohl Beamte Telefone der Gruppe angezapft hatten und mithörten, wie sich die mutmaßlichen Täter zu einem Anschlag verabredeten - eingeschritten ist die Polizei dann trotzdem nicht. Die sächsischen Behörden ermitteln.
Um eine lückenlose Aufklärung zu garantieren, zog der Generalbundesanwalt in Karlsruhe im April 2016 das Verfahren von der Staatsanwaltschaft Dresden an sich. Kurze Zeit später saßen alle acht Verdächtigen in Untersuchungshaft. Das scharfe Vorgehen scheint Wirkung zu zeigen: Seit der Festnahme der mutmaßlichen Terroristen von Freital ist die Gewalt in der sächsischen Stadt schlagartig zurückgegangen.