Frieden schaffen in Mubi
2014 hielt die Miliz Boko Haram die Marktstadt Mubi im Nordosten Nigerias wochenlang besetzt. Die Terroristen sind längst vertrieben - geblieben ist das Misstrauen. Das wollen Christen und Muslime gemeinsam ändern.
Sorgen hinter der Fassade
Die Marktstadt Mubi im nigerianischen Bundesstaat Adamawa steckt vor der Präsidentschaftswahl am 16. Februar mitten im Wahlkampf. Über eins sprechen Politiker jedoch nicht: wie die Bewohner die Erinnerungen an die Besatzung durch Boko Haram im Herbst 2014 verarbeiten.
Straßensperren helfen nur bedingt
Im Oktober und November 2014 hielten sich Kämpfer der Gruppe wochenlang in der Stadt auf. Im November 2017 und Mai 2018 kam es zu weiteren schweren Anschlägen auf zwei Moscheen und einen Markt, bei denen etliche Menschen starben. Das geschah trotz zahlreicher Polizei- und Armeeposten rund um die Stadt.
Verantwortung in der Not
Als Boko Haram Mubi einnahm, war die heute 16-jährige Fatima Sharfadeen gerade in der Schule. "Ich nahm meine Geschwister und setzte sie in den Schulbus", erzählt sie. Später sei es ihr gelungen, mit der Familie nach Kamerun zu fliehen. Die Angst, die sie in dieser Zeit gespürt habe, werde sie nie vergessen.
Banken liegen in Ruinen
Die Schülerin wird überall in der Stadt an den Terror erinnert. Boko Haram verübte Sprengstoffanschläge auf zahlreiche Banken, die bis heute nicht wieder aufgebaut worden sind.
Anschläge auf 337 Kirchen
Versteckter liegen die Grundmauern der Kirchen. Es wird geschätzt, dass im Norden Adamawas Anschläge auf 337 Gotteshäuser verübt worden sind. Bis heute sind viele der Christen, die während der Besetzung größtenteils aus der Stadt flohen, misstrauisch. Man wisse ja nicht, wer mit Boko Haram kollaboriert habe, heißt es.
Misstrauen überwinden
Das Misstrauen zwischen Christen und Muslimen könnte das Klima in der Stadt vergiften. Ein Zeichen gegen Skepsis und Argwohn setzten schon kurz nach Ende der Besatzung Yusuf Yaro, Vorsitzender des muslimischen Rates von Mubi Süd (links), und der katholische Priester Alexander Miskita William. Der Imam besucht seit Jahren immer wieder die Sankt-Andreas-Kirche.
Langwierige Rückkehr zur Normalität
Das sind wichtige Schritte, findet auch Pastor Daniel Doyi von der E.Y.N. Church (Church of the Brethren) und Präsident der christlich-muslimischen Friedensinitiative Campi. "Gemäßigte Christen und Muslime finden langsam wieder zusammen", sagt er, schränkt aber ein: "Mubi ist nicht mehr so wie früher".
Der Staat soll den Dialog unterstützen
Helfen könnte nach Ansicht von Doyi der Wiederaufbau der Kirchen, wie der E.Y.N. Church Police Barracks. Dabei sieht der Pastor auch den Staat in der Verantwortung. "Bisher kümmern sich nur nichtstaatliche Organisationen um einen interreligiösen Dialog", kritisiert Doyi.
NIREC sorgt für Versöhnung
Muhammad Abbas, der für den Landkreis (Local Government Area) Mubi North arbeitet, lässt diese Kritik nicht gelten. Er verweist auf den Nationalen Interreligiösen Rat (NIREC). "Er predigt Frieden. Das wissen die Menschen."
"Boko Haram hat die Religion missbraucht"
Für Pastor John Musa, den Vorsitzenden der Christlichen Vereinigung Nigerias (CAN) in Mubi South, ist indes Wissen über die andere Religion von Bedeutung. "Im Islam geht es genauso um Frieden, wie im Christentum. Boko Haram hat die Religion nur missbraucht."
Christen kommen wieder zu Muslimen
Solche Erkenntnisse lassen Christen und Muslime wieder zusammen rücken. "Das beste Beispiel für mich ist es, dass Christen wieder ins Büro des muslimischen Rates kommen", sagt Imam Yaro, der dort regelmäßig mit Pastor Musa gemeinsame Veranstaltungen plant.
Friedenserziehung für die nächste Generation
Für Kinder und Jugendliche gilt: Sie sollen wieder gemeinsam und ohne Vorurteile aufwachsen. An der Schule von Fatima Sharfadeen gibt es deshalb einen Friedensclub. Gemeinsam mit dem 16-jährigen Nwoah Amos Drambi und Jibrilla Garba, dem Vizepräsidenten von Campi, diskutiert sie gerade eine neue Aktion. Die soll vermitteln, wie wichtig ein friedliches Miteinander im Leben ist.