Friedensgespräche könnten bald weitergehen
23. November 2014Die Verhandlungen für das Ende des kolumbianischen Bürgerkriegs könnten bald weiter gehen. Offenbar hat sich die Regierung des Landes mit den Anführern der Rebellen-Gruppe FARC ("Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens") auf die baldige Freilassung des verschleppten Armee-Generals Rubén Darío Alzate geeinigt.
Die FARC hatte bestätigt,die insgesamt fünf Geiseln freilassen zu wollen. Vereinbart ist bereits, dass Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz die Entführten in den Departments Chocó im Nordwesten und Arauca im Osten in Empfang nehmen. Möglicherweise geschieht dies nun in der laufenden Woche.
Gleich nachdem Alzates Entführung bekannt geworden war, hatte Präsident Juan Manuel Santos die Friedensgespräche in der kubanischen Hauptstadt Havanna ausgesetzt. Seine Bedingung zur Wiederaufnahme ist die sofortige Freilassung des Generals, seiner beiden Begleiter sowie zweier Soldaten, die bereits eine Woche zuvor in einem Gefecht zwischen Rebellen und Regierungstruppen entführt worden waren.
"Wir würden diesen Zwischenfall nicht beklagen, wenn man unserer wiederholten Aufforderung zu einem bilateralen Waffenstillstand gefolgt wäre", sagte der Rebellenführer Jorge Torres, bekannter als Pablo Catatumbo, dem kubanischen Radiosender RCN. Torres ist einer der Verhandlungsführer der FARC, die seit mehr als 50 Jahren einen Guerillakampf gegen den kolumbianischen Staat führt.
"Es gibt Angriffe, weil der Krieg weitergeht. Und ehrlich gesagt ist es auch meine Schuld", hatte bereits Anfang November der kolumbianische Regierungschef im DW-Interview bei seinem Besuch in Europa eingeräumt. Dennoch will er keinen Waffenstillstand eingehen. Der könnte den Rebellen Anreiz sein, die Verhandlungen auf unbestimmte Zeit hinauszuzögern, fürchtet Santos. Zudem, heißt es, hätten die Rebellen Waffenruhen in Vergangenheit ausgenutzt, um militärisch aufrüsten.
Entführungen waren Teil der Taktik
Der bewaffnete Konflikt in Kolumbien zwischen Guerillagruppen, Armee und zeitweise rechtsextremen Paramilitärs dauert bereits ein halbes Jahrhundert an. Offiziellen Schätzungen zufolge wurden dabei mehr als 220.000 Menschen getötet und knapp sechs Millionen aus ihren Dörfern vertrieben.
Jahrzehntelang war es elementarer Bestandteil der Guerillataktik der FARC, Politiker, Polizisten, Armeemitglieder sowie Zivilisten - auch ausländische - als Geiseln zu nehmen. Präsident Santos' Vorgänger Álvaro Uribe (2002-2010) hatte versprochen, die FARC militärisch zu besiegen, konnte sie aber nur schwächen.
Juan Manuel Santos leitete ab 2011 dann Verhandlungen mit den Guerillagruppen ein. Anfang 2012 kündigten die Rebellen dann das Ende der Entführungen an und ließen die letzten Mitglieder der kolumbianischen Streitkräfte frei, die sie teils seit mehr als einem Jahrzehnt gefangen gehalten hatten. Dies war der entscheidende Schritt zum Beginn der Friedensgespräche, die vor genau zwei Jahren in Kuba aufgenommen wurden.
Langsame, aber bedeutende Fortschritte
Ursprünglich sollte der Friedensprozess nur 12 Monate dauern, doch die Positionen erwiesen sich als zu unterschiedlich. Mehrfach drohte der Abbruch, doch dann kam der Dialog in Gang. Die gegenwärtige Krise steht im Gegensatz zu den positiven Ergebnissen der letzten Monate. Weitgehende Einigkeit besteht inzwischen in drei der fünf Verhandlungspunkte: Agrarreform, politische Teilhabe der Rebellen und das Ende des illegalen Drogenanbaus.
Kritisch sind weiterhin die Fragen der Entwaffnung der Guerilla-Truppen und die Entschädigung der Opfer.
Die neuerlichen Entführungen haben den Friedensprozess einstweilen unterbrochen. Doch vieles deutet darauf hin, dass sie nicht sein Ende bedeuten. FARC-Führer Torres jedenfalls gibt sich zuversichtlich, dass die Verhandlungen im Laufe des kommenden Jahres abgeschlossen werden könnten: "Ich bin mir sicher, dass wir dieses Mal einen Friedensvertrag unterzeichnen werden." Das jedoch, sagt er, hänge vor allem von der Regierung ab.