Dissident Liu Xiaobo freigelassen
26. Juni 2017Der inhaftierte chinesische Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo leidet an Leberkrebs im späten Stadium. Er sei deswegen aus dem Gefängnis entlassen worden, sagte sein Anwalt Mo Shaoping. Derzeit werde der 61-jährige Dichter und Bürgerrechtler im Krankenhaus in Shenyang in der nordöstlichen Provinz Liaoning behandelt, nachdem seinem Antrag auf medizinische Versorgung außerhalb des Gefängnisses stattgegeben worden sei.
Der Bürgerrechtler, der sich für Demokratie und Menschenrechte in China eingesetzt hatte, war 2010 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden, konnte ihn jedoch wegen einer Haftstrafe nicht entgegennehmen. Er war 2009 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Liu war Ehrenvorsitzender des chinesischen Pen-Clubs unabhängiger Schriftsteller und Mitverfasser der 2008 von 300 Intellektuellen unterzeichneten "Charta 08", in der demokratische Reformen gefordert werden.
Der Literaturwissenschaftler saß schon nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 in Peking mehrmals in Haft. Er erhielt 2010 den Friedensnobelpreis. Bei der Übergabezeremonie in Oslo blieb sein Stuhl leer. Seine Frau Liu Xia lebt seit damals praktisch unter Hausarrest in ihrer Wohnung in Peking.
Im Dezember 2014 schaffte er es, eine Nachricht aus dem Gefängnis schmuggeln zu lassen, in der er die internationale Gemeinschaft aufforderte, sich stärker um die weniger bekannten Verfolgten in seiner Heimat zu kümmern.
Die Schriftstellervereinigung PEN Hongkong forderte die chinesischen Behörden auf, Liu die beste gesundheitliche Versorgung zu ermöglichen und ihn bedingungslos freizulassen. Er sei ausschließlich wegen seines gewaltfreien Einsatzes für die Meinungsfreiheit und demokratische Rechte inhaftiert worden, erklärte die Organisation per Facebook. China, das international eine größere Rolle spielen wolle, solle Menschlichkeit und Mitgefühl gegenüber einem Mann zeigen, der niemals ein Verbrechen begangen habe. Auch die Ehefrau des Dichters müsse unverzüglich freigelassen werden.
Amnesty International forderte die chinesischen Behörden auf, alle Gefangenen freizulassen, die nur wegen der Ausübung ihrer Menschenrechte festgehalten würden. "Liu Xiaobo hätte niemals inhaftiert werden sollen", betonte der China-Experte der Organisation, Patrick Poon, in London. Nun müsse er angemessen versorgt werden und ungehinderten Kontakt zu seiner Familie erhalten.
stu/rb (afp, dpa, epd, kna)