Friedensnobelpreisträger Ales Bjaljazki vor Gericht
5. Januar 2023Ales Bjaljazki, Mitbegründer der belarussischen Bürgerrechtsorganisation Wjasna (zu Deutsch: Frühling), und zwei Mitangeklagte erschienen in dem für sie vorgesehenen Käfig im Gerichtssaal in Minsk. Wie Wjasna weiter mitteilte, wird ihnen angeblicher Devisenschmuggel und die Finanzierung von Protesten vorgeworfen. Gegen einen vierten Menschenrechtsaktivisten, der aus Belarus geflohen ist, wird in Abwesenheit verhandelt.
Prozess auf Russisch
Die Richter führen das Verfahren auf Russisch und hätten sich geweigert, ins Belarussische zu wechseln, berichtete Wjasna im Kurznachrichtendienst Twitter. Bjaljazkis Antrag auf einen Dolmetscher sei abgelehnt worden.
Kritiker sehen in dem Prozess einen kaum verhohlenen Versuch, Bjaljazkis Menschenrechtsbewegung zum Schweigen zu bringen. Dem Bürgerrechtler und seinen Mitangeklagten drohen zwischen sieben und zwölf Jahre Haft.
Die 1996 gegründete Wjasna ist die bekannteste Bürgerrechtsorganisation des Landes. Nach dem von Machthaber Alexander Lukaschenko beanspruchten Sieg bei der Präsidentschaftswahl in Belarus für eine sechste Amtszeit im August 2020 führte Wjasna akribisch Buch über die Zahl der bei pro-demokratischen Demonstrationen und Razzien festgenommenen Menschen. Zehntausende Oppositionsanhänger demonstrierten damals wochenlang friedlich gegen Lukaschenko, dem sie - ebenso wie der Westen - massiven Wahlbetrug vorwarfen. Die belarussischen Sicherheitskräfte gingen hart gegen die Demonstranten vor, Tausende von ihnen wurden festgenommen. Zeugen berichteten von Folter.
Im Februar und Juli 2021 veranlasste die Staatsführung koordinierte Razzien gegen zahlreiche Bürgerrechtler. Die Wjasna-Büros und Bjaljazkis Haus wurden durchsucht und er selbst sowie weitere Wjasna-Mitglieder festgenommen. Seine Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis im vergangenen Jahr erlebte der 60-Jährige im Gefängnis.
Weitere Prozesse geplant
Am kommenden Montag soll in Belarus ein Prozess gegen die größte unabhängige Medienorganisation des Landes beginnen. Am 17. Januar soll in Abwesenheit das Verfahren gegen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja starten. Der im Exil lebenden Tichanowskaja werden Hochverrat, Verschwörung zum Sturz der Regierung und die Bildung einer extremistischen Organisation vorgeworfen.
se/sti (afp, rtr)