Fruchtbare Böden in Gefahr
2. November 2013Für viele Menschen ist er einfach nur Dreck, oder sie sehen in ihm einzig den Untergrund, auf dem sie laufen: der Boden. Dabei ist die Erde, aus der der Boden besteht, der wichtigste Nährstofflieferant unseres Planeten. Sie enthält, abhängig vom pH-Wert, unter anderem Magnesium, Calcium, Stickstoff und Phosphor. Jes Weigelt arbeitet für das Potsdamer Institut für Nachhaltigkeitsstudien (IASS) und er macht Folgendes deutlich: "Böden sind eine wichtige Ressource, weil wir mehr als 90 Prozent unserer Lebensmittel aus Böden produzieren." Deshalb sei es wichtig, die Böden fruchtbar zu halten. Gerade auf dem afrikanischen Kontinent geschieht das aber immer weniger.
Während der Global Soil Week, die das IASS veranstaltet, haben Weigelt und seine Kollegen in dieser Woche in Berlin auf die Probleme aufmerksam gemacht und in Konferenzen nach Lösungsvorschlägen gesucht. "Unsere Hoffnung, dass andere unsere Ideen aufnehmen, sind aufgegangen. Zum Beispiel wollen Partner von uns vor Ort unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen an einen Tisch bringen, um über die nachhaltige Bewirtschaftung von Böden zu diskutieren."
Bio-Landbau für Afrika?
Die Probleme sind vielfältig. "Das größte sichtbare Problem ist, dass Böden durch Bodenerosion verloren gehen. Das sticht einem ins Auge, wenn man in Afrika unterwegs ist", berichtet Rolf Sommer, der am Internationalen Zentrum für tropische Landwirtschaft CIAT in der kenianischen Hauptstadt Nairobi arbeitet. Besonders in bergigen Gebieten und dort, wo es viel Niederschlag gibt, sei die Zerstörung des Ackerlandes durch Erosion am höchsten. Weniger sichtbar sei dagegen, dass auch die Fruchtbarkeit der Böden nach und nach in Mitleidenschaft gezogen werde. "Das hängt aber auch damit zusammen, dass die Landwirtschaft in diesen Gebieten nicht nachhaltig ist. Dass Savannen entwaldet werden, damit Leute ihr Holz sammeln können. Die Überweidung dieser Gebiete ist auch ein großes Problem", so Sommer.
Eine mögliche Lösung könnte in der Stärkung des organischen Landbaus in Afrika liegen, also die Böden durch die Zugabe von organischen Stoffen wie Kuhmist oder Kompost fruchtbar zu halten. "Bio"-Produkte sind in Europa bereits sehr populär, der biologische Anbau gilt als besonders nachhaltig. "Wenn man davon ausgeht, dass organische Landwirtschaft automatisch bodenschonend ist, dann wünsche ich mir das auch für Afrika", sagt Sommer. Ob es für Afrika aber auch praktikabel ist, bezweifelt der Boden-Experte. Es fehle einfach an organischer Substanz, die die Voraussetzung für diese Art des Anbaus sei. "Das fängt damit an, dass man zum Beispiel keinen Kompost auf die Flächen bringen kann, weil man keinen Kompost hat. Oder der Kuhdung oder die Ernterückstände werden verkauft oder verbrannt und stehen dann für den Bodenschutz als Düngemittel nicht zur Verfügung."
Armut verhindert Öko-Landbau
Eine Kombination aus mineralischem Dünger und Öko-Dünger könne auch bereits helfen, die Bodenzerstörung aufzuhalten. Hier lägen die Probleme in der vorherrschenden Armut in vielen afrikanischen Regionen. "Ein Bauer, der nur eine halbe Tonne Mais pro Hektar erzielt, während in Deutschland sechs bis zehn Tonnen erzielt werden, der hat wenig Möglichkeiten, aus seiner Armut rauszukommen und in Bodenschutz zu investieren." Man müsse also zunächst einmal Schritt für Schritt den Menschen vor Ort helfen, effektiver zu arbeiten - also mehr Ertrag zu erzielen, sagt Rolf Sommer.
Jes Weigelt vom IASS fordert zudem, für den Schutz der Böden in Afrika auf Agroforstprojekte zu setzen, also eine Mischung aus Land- und Forstwirtschaft. Agroforstwirtschaft hilft dabei, das Ökosystem zu stabilisieren, Bodenerosion einzudämmen und natürliche Düngemittel zu produzieren. Zum Beispiel das Laub, das von den Bäumen fällt. "Verschiedene Studien zeigen, dass das ein ausgesprochen vielversprechender Weg sein kann".
Solche Wege einzuschlagen und den Boden somit fruchtbarer zu machen, scheint derzeit alternativlos zu sein, denn bereits im Jahr 2050 wird sich die Bevölkerung in Afrika im Vergleich zu heute verdoppelt haben.