1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Meilenstein auf dem Weg zur Stahlfusion

5. Februar 2018

ThyssenKrupp will seine Stahlsparte mit der des indischen Konkurrenten Tata verschmelzen. Jetzt haben die Mitarbeiter durch ihr Ja zum Tarifvertrag den Weg zur Fusion freigemacht.

https://p.dw.com/p/2s9s9
Essen Bilanz Thyssenkrupp
ThyssenKrupp-Zentrale in EssenBild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Durch die Zusammenlegung der Stahlsparten von ThyssenKrupp und Tata soll der zweitgrößte europäische Stahlproduzent nach ArcelorMittal entstehen. Weil sie umfangreiche Entlassungen befürchteten, standen die Beschäftigten der Fusion jedoch ablehnend gegenüber.

Ende Dezember handelte die Gewerkschaft IG Metall deshalb mit ThyssenKrupp Steel einen Tarifvertrag aus, der langfristige Garantien für den Erhalt der Arbeitsplätze und Standorte vorsieht.

92 Prozent Zustimmung

Diesem Tarifvertrag haben die Mitarbeiter nun mit großer Mehrheit zugestimmt. Wie die IG Metall mitteilte, stimmten 92,2 Prozent ihrer Mitglieder bei ThyssenKrupp Steel mit Ja. Mit einer Beteiligung von 71,3 Prozent und einer Annahme der Vereinbarung an jedem einzelnen Standort seien alle Voraussetzungen erfüllt, hieß es. Der Vertrag soll spätestens am Dienstag unterschrieben werden.

Knut Giesler, IG-Metall-Bezirksleiter in Nordrhein-Westfalen, sprach von einem "überragenden Ergebnis". Zugleich erklärte er, es sei nicht über die Fusion an sich abgestimmt worden. Diese Entscheidung könne nur im Aufsichtsrat von ThyssenKrupp beschlossen werden, erklärte die Gewerkschaft.

Essen Bilanz Thyssenkrupp Hiesinger, Chief Executive
Unter Druck: ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger muss den Konzern neu ausrichtenBild: Reuters/

Das Votum der Beschäftigten galt dennoch als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer Stahlfusion. Laut Vertrag sollen die gut 20.000 Beschäftigten der Thyssenkrupp-Stahlsparte unter anderem eine langfristige Beschäftigungsgarantie bis zum 30. September 2026 erhalten. Das Unternehmen hält allerdings an der geplanten Streichung von 2000 Stellen in Deutschland fest.

Neuausrichtung des Konzerns

Die breite Zustimmung der Mitarbeiter könnte Konzernchef Heinrich Hiesinger nun Luft verschaffen, den Konzern stärker auf die Industriesparte mit Geschäften wie Aufzügen und Autokomponenten zu konzentrieren. Dieser Bereich macht mittlerweile ohnehin den Löwenanteil des Geschäfts aus.

Hiesinger stand in den vergangenen Monaten nicht nur von Seiten der Arbeitnehmervertreter unter Druck, sondern auch durch die Anteilseigner. Besonders Großaktionär Cevian hatte zuletzt am Rande der Hauptversammlung im Januar kritisiert, dass der Umbau nicht schnell genug voran gehe. Cevian-Chef Lars Förberg hatte sogar eine Zerschlagung des Konzerns ins Spiel gebracht.

In den kommenden Wochen sollen nun Gutachten zu der Fusion vorgelegt werden, bei denen es unter anderem um die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Zusammenschlusses gehen soll. Nach den Plänen des Konzerns soll die Fusion nach der Zustimmung durch den Aufsichtsrat noch im Frühjahr besiegelt werden. Der endgültige Zusammenschluss könnte dann zum Jahresende erfolgen.

Deutschland Demonstration IG Metall in Andernach
ThyssenKrupp-Mitarbeiter demonstrieren am 23. November 2017 gegen die Fusion mit Tata SteelBild: Reuters/W. Rattay

Erhoffte Einsparungen

Betriebsrat und Gewerkschaft hatten zuvor für eine Zustimmung zu dem Tarifvertrag geworben, der nach massiven Protesten von Seiten der Belegschaft ausgehandelt worden war. Trotz des Widerstands will das Unternehmen auch weiterhin an der geplanten Verlagerung des Firmensitzes des  Gemeinschaftsunternehmens in die Niederlande festhalten.

Der traditionsreiche Stahlkonzern will sich auf lange Sicht von dem schwankungsanfälligen Geschäft lösen. Hiesinger hatte in der Vergangenheit immer wieder auf strukturelle Probleme im von Überkapazitäten geprägten Stahlgeschäft hingewiesen. Thyssenkrupp und Tata erhoffen sich von der  Zusammenlegung ihrer Geschäftsteile hohe Einsparungen - früheren Angaben zufolge 400 bis 600 Millionen Euro jährlich. An dem Gemeinschaftsunternehmen sollen beide Partner je 50 Prozent halten.

Allerdings könnte es in den kommenden Jahren zu einer Verschiebung der Eigentümerstruktur kommen - und Thyssenkrupp seinen Anteil schrittweise reduzieren. "Mindesten sechs Jahre" wolle der Konzern zwar an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt bleiben. Gleichzeitig hatte Thyssenkrupp betont, dass währenddessen eine Veränderung der Struktur nicht ausgeschlossen sei. Dabei hatte der Konzern einen Börsengang als mögliche Option genannt.

bea/dk (dpa, afp)