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Fußball als Motor der Integration

Arnulf Boettcher5. April 2003

In Fußballvereinen aller Spielklassen sind Ausländer nicht mehr wegzudenken. Wie steht es also um die integrative Kraft des Fußballs in Deutschland? Kann der Sport Brücken bauen?

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Die Nationalspieler Böhme, Asamoah und HamannBild: AP

Sie haben klangvolle Namen, und sie sind die Stars der Bundesliga: ausländische Fußballprofis wie Bayern Münchens Giovane Elber, Dortmunds Ewerthon und Leverkusens Lucio. Von den Fans gefeiert, den Medien hofiert und den Mitspielern respektiert sind sie aus der höchsten deutschen Liga nicht mehr wegzudenken.

Die Vereine der Fußballbundesliga sind heute Wirtschaftsunternehmen, die zum Teil an der Börse agieren. Und sie werden nicht an emotionalen Befindlichkeiten gemessen, sondern am Erfolg. Gunther A. Pilz, Soziologe an der Universität Hannover, sagt: "Da werden die ausländischen Spieler nicht genommen, weil man sie integrieren will, sondern weil sie billig zu haben sind und guten Fußball spielen, und wenn die Leistung nicht mehr kommt, werden sie genauso schnell wieder abserviert."

Fußballspieler Juan bei Bayer Leverkusen
Ein Brasilianer bei Bayer Leverkusen: Juan jubelt nach einem TorBild: AP

Im Deutschen Fußball-Bund (DFB) sind 27.000 Vereine organisiert mit mehr als sechs Millionen Mitgliedern. Die Zahl der Ausländer wird vom DFB auf etwa acht Prozent geschätzt. In der Bundesliga haben sogar 58 Prozent aller Spieler keinen deutschen Pass - ein Rekordwert.

Multi-Kulti-Fußball

In der Hinrunde der laufenden Bundesligasaison kamen Spieler aus 51 Nationen zum Einsatz. Auch die deutsche Nationalelf setzt auf ursprünglich ausländische Sturmqualitäten. So stand der gebürtige Ghanaer Gerald Asamoah im Kader des deutschen Vizeweltmeisters. Der Stürmer vom FC Schalke 04 wurde vor 24 Jahren in Afrika geboren und verbrachte dort die erste Hälfte seines Lebens. Asamoah ist für seine Fans ein Star zum Anfassen. Fast immer hat er ein Lächeln auf den Lippen. Inzwischen hat er die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen: "Ich habe einen deutschen Pass, ich spreche die Sprache und spiele auch für Deutschland. Aber dass ich hundert Prozent Deutscher bin, das würde ich so auch nicht sagen".

Elber und Pizarro
Der Brasilianer Giovane Elber, links, und der Peruaner Claudio Pizarro spielen beim FC Bayern MünchenBild: AP

Bayer Leverkusens Manager Rainer Calmund ist es wichtig, dass sich die Ballkünstler heimisch fühlen: "Man muss den Spieler mit seiner Familie so schnell wie möglich integrieren, damit sie sich wohl fühlen. Denn der Vertrag, das ist ein Stück Papier, damit kann man nichts bewegen. Und ein Spieler bringt nur optimale Leistung, wenn er sich wohl fühlt", erklärt Calmund.

Ausländerfeindlichkeit im Stadion

Dabei sind gerade für Spieler aus wärmeren Gefilden nicht nur die manchmal etwas kühlen Tage in Deutschland gewöhnungsbedürftig sondern natürlich auch die fremde Sprache und die alltäglichen Dinge. Bayer Leverkusen stellt eigens Betreuer für die Neuankömmlinge ab. Doch Integration fällt schwer, wenn - wie in europäischen Stadien wieder vermehrt beobachtet - rassistische Tendenzen um sich greifen. Vor allem auf der britischen Insel und in Italien ist Rassismus im Fußball ein gravierendes Problem. Der Verein Lazio Rom etwa kapitulierte vor radikalen Zuschauern, indem er von der Verpflichtung dunkelhäutiger Stars absah.

Wie es sich in Deutschland verhält, darüber gehen die Meinungen auseinander. DFB-Präsident Gerhard Meyer-Vorfelder denkt bei Fremdenfeindlichkeit im Fußball eher an Einzelfälle: "Es gibt immer wieder mal so ein paar Verrückte, die meinen, in den Stadien im Schutz der Masse, die da zusammenläuft, rechtsradikale Sprüche loswerden zu müssen. Ich würde das aber nicht mehr als eine große Bewegung ansehen. Das sind Einzelne."

Rainer Calmund auf dem Spielfeld
Leverkusens Manager Rainer CalmundBild: AP

Einen Zehn-Punkte-Plan gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hat der DFB 1998 eingebracht. Er schrieb die Aufnahme eines Antirassismus-Paragrafen in die Stadionordnung vor. Ziel war und ist es, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht zu dulden und mit Stadionverbot zu belegen. Dennoch: Vor allem außerhalb des Fußballplatzes werden ausländische Spieler und ihre Familien mit Fremdenfeindlichkeit konfrontiert. Und so wundert es nicht, dass auch Gerald Asamoah trotz seiner Popularität schon mal der Besuch eines Cafés verwehrt wurde.