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Fußball - fair play, auch finanziell?

Dirk Kaufmann9. August 2013

Auftakt der Bundesligasaison: Neben Spielern und Fans freuen sich auch die Städte, denen Einnahmen winken. Die UEFA pocht dabei auf "Financial Fairplay", will genau wissen, woher das Geld kommt.

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Blick in das Olympiastadion in Berlin in der Abenddämmerung (Foto: Arno Burgi/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

An jedem Spieltag der Fußball-Bundesliga das gleiche Bild: Staus auf den Straßen zum Stadion, überfüllte Parkplätze, Straßenbahnen und Busse, die aus allen Nähten platzen. Und alle Fußball-Fans sind auch Konsumenten: Sie kaufen Fahrkarten und Bratwürste, Bier und Eintrittskarten. Einige übernachten auch und nehmen ein Taxi zwischen Stadion, Hotel und Flughafen.

Button - I love Fussball (Foto: fotolia)
Bild: fotolia/Doc RaBe

In Leverkusen erreichen diese Konsum-Ausgaben ungefähr 730.000 Euro - pro Heimspiel. Und davon gibt es mindestens 17 in einer Saison. Das hat Sascha Schmidt errechnet. Er leitet das Institut "Sports, Business und Society" an der European School of Business (ESB) und hat in einer Studie die Beziehung zwischen Profifußball und Kommune untersucht.

Für die rheinische Industriestadt ist er zu folgendem Ergebnis gekommen: Die Einnahmen der Gemeinde übersteigen ihre Ausgaben pro Heimspiel um das 29-Fache. Bei dieser Bilanz seien allerdings die Kosten für den Einsatz der Polizei nicht mitgerechnet, denn dafür sei das Bundesland zuständig, in diesem Fall also Nordrhein-Westfalen. "Das kostet die Stadt nicht unmittelbar etwas", sagt Schmidt. So stand am Ende der Saison 2011/12 für die Stadt Leverkusen ein Plus von 4,6 Millionen Euro.

Die Kasse klingelt das ganze Jahr

Aber nicht nur bei Heimspielen freuen sich die Finanzbeamten der Städte. Für Jörn Quitzau von der Berenberg Bank ist klar, dass die Bundesligavereine keine Sportvereine im ursprünglichen Sinn mehr sind: "Das sind Wirtschaftsunternehmen, die Sport als Produkt anbieten." Und ein Unternehmen zahlt Steuern, von denen auch die Gemeinde profitiert.Außerdem schafft ein Verein Arbeitsplätze. In Leverkusen waren das im vergangenen Jahr 230 Vollzeitarbeitsplätze, darüber hinaus werden pro Heimspiel noch etwa 1100 Teilzeitkräfte beschäftigt: Hostessen, Ordner, Sicherheitspersonal. Das entlastet den Stadthaushalt von Sozialleistungen und bringt Einnahmen durch den kommunalen Anteil an der Lohn- und Einkommenssteuer.

Borussia Dortmund nach dem Gewinn des Supercups (Foto: Dennis Grombkowski/Bongarts/Getty Images)
Dortmund hat den ersten Titel der Saison bereits gewonnen, im Supercup besiegte der BVB den FC BayernBild: Getty Images

Beste Reklame für die Stadt

Neben den "harten" Fakten wie Steuereinnahmen gibt es auch "weiche" Faktoren, von denen die Heimatstadt eines Bundesligavereins etwas hat: der Image-Transfer zum Beispiel. Sascha Schmidt nennt das "Abstrahleffekte, die den Bürgerinnen und Bürgern, die dort wohnen, zu Gute kommen."

In seiner Studie hat Schmidt den Werbewert des Vereins für die Stadt Leverkusen errechnet und einen Wert von 2,5 Millionen Euro herausbekommen. Wollte man diesen Reklameeffekt mit Fernsehwerbung erreichen, so Schmidt, müsse man rund 85 Werbespots in der Champions-League-Berichterstattung bezahlen.

In Europa wird jetzt aufs Geld geguckt

Bayer 04 Leverkusen hat sich für die UEFA-Champions-League qualifiziert und wird sich dort mit den Großen messen: Real Madrid, Manchester United, FC Barcelona. Nicht mit dabei sind einige Vereine, die sich zwar sportlich qualifiziert haben, doch von der UEFA ausgeschlossen worden sind. Prominentestes Beispiel ist der FC Malaga: Der letztjährige Viertelfinalist, der nur denkbar knapp an Borussia Dortmund gescheitert war, hat gegen die Financial-Fairplay-Regeln der UEFA verstoßen.

Volkswirt Jörn Quitzau von der Berenberg Bank ist überzeugt, dass das erst der Anfang ist. Bislang seien ja nur "überfällige Verbindlichkeiten sanktioniert worden. Das heißt, wenn ein Verein seine Steuern oder Transfergelder für Spieler nicht bezahlt hat. Das Financial Fairplay voll umfänglich beginnt ja jetzt erst."

UEFA Präsident Michel Platini AFP PHOTO / FABRICE COFFRINI (Foto: FABRICE COFFRINI/AFP/Getty Images)
UEFA-Präsident Michel Platini will das Financial-Fairplay durchsetzenBild: AFP/Getty Images

Chancengleichheit im europäischen Fußball?

Mit seinen "Financial Fairplay-Regeln" will die UEFA erreichen, dass ein Fußballverein ordentlich wirtschaftet und nicht über einen längeren Zeitraum mehr Geld ausgibt, als er einnimmt. Das Ziel: Mehr Chancengleichheit im europäischen Wettbewerb.

Dirk Mazurkiewicz, Professor an der Hochschule Koblenz, hält diesen Weg allerdings für wenig zielführend. Der Ökonom weist darauf hin, dass auch jetzt schon immer nur die gleichen Vereine die europäischen Wettbewerbe dominieren: "Chancengleichheit haben wir schon seit Jahren nicht, und ich glaube auch nicht, dass man die mit dem Financial Fairplay erreichen kann."

Denn die neuen Regeln zementieren seiner Meinung nach die aktuellen Verhältnisse, weil "Vereine wie Manchester, wie Real, Barcelona oder Bayern München bereits jetzt aus dem Markt heraus eine hohe Wirtschaftskraft generieren". Anderen, kleineren Vereinen wie dem FC Malaga, die "auch mal die Champions-League gewinnen wollen", würde es durch die neuen Regeln aber sehr viel schwerer gemacht, genug Geld für so ein ehrgeiziges Ziel aufzutreiben.

Elementare Freiheitsrechte

Den Financial-Fair-Play-Regeln der UEFA wird es gehen wie jeder Vorschrift und jedem Gesetz. Gibt es Regeln, dann gibt es auch Menschen, die sie zu umgehen versuchen. Jörn Quitzau jedenfalls ist überzeugt, dass nun "die Suche nach Umgehungsmöglichkeiten losgehen wird".

Die UEFA muss, wenn sie es ernst meint mit ihrem Fairplay-Gedanken, noch einige Fragen beantworten: Wo hört wirtschaftlich vernünftiges Sponsoring auf? Wenn ein russischer Oligarch oder ein "Prinz aus dem Morgenland" seinem Lieblings-Verein einen teuren Spielerkader zusammenstellen will, muss die Vereinsführung das jetzt ablehnen? Muss sie "Nein, Danke" sagen, wenn der Gönner seinem Herzens-Club ein neues Stadion schenken will?

Trainer Pep Guardiola gibt Anweisungen beim Trainingsauftakt des FC Bayern München in der Allianz Arena in München (Foto: Andreas Gebert/dpa)
Der große Star der neuen Saison: Bayern-Trainer Pep GuardiolaBild: picture-alliance/dpa

Wenn die UEFA Vereinen, Sponsoren oder Mäzenen so enge Fesseln angelegt, werden elementare Freiheitsrechte berührt, meint Dirk Mazurkiewicz. Für den Koblenzer Ökonomen handelt es sich um "einen erheblichen Eingriff in die Geschäftstätigkeiten von Privatpersonen. Wie kann ein Verband das freie wirtschaftliche Handeln, das die EU uns zusichert, einengen?"

Müssen Mailand und Madrid jetzt auch zittern?

Dennoch sieht Dirk Mazurkiewicz die Financial-Fair-Play-Regeln durchaus positiv. Sie markierten zwar nicht gleich "eine Zeitenwende. Aber sie sind zumindest ein großer Schritt, der da ausprobiert wird."

Wird die UEFA jetzt auch den Großen der Branche genauer auf die Finger schauen? Dann könnten auch Traditionsclubs wie Real Madrid oder FC Barcelona, die ja hoch verschuldet sind, die gleichen Sanktionen drohen wie aktuell dem FC Malaga.

Käme es dann vielleicht sogar zu einer Champions-League-Saison ohne die Clubs aus Mailand, Madrid und Manchester? Für den Berenberg-Volkswirt Quitzau ist das "nicht vorstellbar. Das sind eigentlich systemrelevante Vereine, die man lieber nicht aus ausschließen sollte, weil sonst das Zuschauerinteresse massiv zurück geht."