Fans in Feierlaune
7. Februar 2013Tanzende und singende Fußballfans mit Vuvuzelas und Musikkapellen verbreiten gute Laune in den Stadien in Südafrika. Wenn die nigerianischen Super Eagles im Stadion einlaufen, steigt die Stimmung im Fanblock der ganz in Grün gekleideten Nigerianer. Fans aus Angola haben gleich 20 Trompeter und Trommler mitgebracht und versuchen so, gegen die unzähligen Vuvuzelas im Stadion anzukommen. Und den Fußballfans aus Äthiopien ist kein Weg zu weit, um ihre Mannschaft nach 31 Jahren endlich wieder beim Afrika-Cup anzufeuern.
Ein Konvoi aus Autos, Bussen und Pick-ups ist in Äthiopiens Nationalfarben Grün-Gelb-Rot geschmückt - mittendrin eine 17-köpfige Reisegruppe, die insgesamt 6000 Kilometer zurückgelegt hat, um ihr Team in Südafrika bejubeln zu können. Bereits Anfang Januar startete die Gruppe in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba und hat sich tagelang im Auto durchrütteln lassen.
Äthiopien spielt endlich wieder mit
Reiseorganisator und Geschäftsmann Awad Alamin zeigt stolz auf seinen treuen Weggefährten, der ihn und die Fans in den vergangenen Wochen transportiert hat. "Dieser Wagen fährt immer an der Spitze. Er hat Funkverbindung und nutzt GPS zur Navigation. Und da oben auf dem Dach stehen unsere Benzinkanister, falls der Sprit ausgeht. Zusätzlich haben wir noch alle möglichen Ersatzteile dabei", sagt Alamin. "Bisher hatten wir nur ein einziges Problem: Eine Reifenpanne, als wir in der Nacht auf einer Schotterpiste gefahren sind. Sonst war alles in Ordnung."
Er und seine Freunde wollten die Rückkehr Äthiopiens zum Afrika-Cup mit dieser besonderen Reise feiern. Sechs Länder haben sie dabei durchquert - und dabei nur positive Erfahrungen gesammelt. "Das haben wir nicht erwartet: soviel Zuspruch in all den Ländern, durch die wir gefahren sind! Nicht nur von den Äthiopiern, die in diesen Ländern leben - auch von allen anderen wurden wir so herzlich empfangen. Das war einfach unglaublich", erzählt Alamin.
Unglaublich ist auch die hohe Zahl an Äthiopiern, die sich zum ersten Spiel ihrer Mannschaft im Stadion in Mbombela eingefunden haben. Rund 10.000 Fans unterstützen lautstark ihr Team. Der 33-jährige Alamin steht begeistert unter ihnen. Die ganze Aufregung und Freude, sagt er lachend, ließe die Reisestrapazen - und den vom vielen Sitzen schmerzenden Allerwertesten - in Vergessenheit geraten. Sein Team schlägt sich gut im ersten Spiel, das mit einem 1:1 unentschieden gegen Sambia endete.
Nigerianer feiern lieber im Pub als im Stadion
Im Gegensatz zu den äthiopischen Fans, die ihre Nationalelf im Stadion lautstark begleiteten, sieht man bei den Spielen Nigerias nur wenige nigerianische Fans im Stadion. Stattdessen treffen sie sich in der Meyer Street in Germingston östlich von Johannesburg, einem Treffpunkt der nigerianischen Community in Südafrika. Internetcafés, Restaurants, Geschäfte - hier ist fast alles in nigerianischer Hand.
So auch der JJ Pub. Dort läuft bereits am Nachmittag Musik, die ersten Gäste bestellen ihr Bier. Der nigerianische Besitzer Mbaise Ime lebt seit 13 Jahren in Südafrika und trägt sogar das gelbe Trikot der Regenbogennation. Wenige Nigerianer im Stadion - das bedeutet mehr Umsatz für den kräftigen Familienvater. "Sobald ein Spiel läuft, sieht es hier aus wie im Stadion. Überall schreien die Fans, sogar draußen auf der Straße", erzählt Ime. "Und wenn ein Tor fällt, denkt man, das Dach wird weggeblasen. Ich liebe Fußball!" Unterstützung für seine Mannschaft gibt es reichlich - rund 17.000 Nigerianer leben in Südafrika, schätzt das "African Center for Migration and Society" in Johannesburg.
Im JJ Pub sitzt Prince Efanyo Obi und verfolgt ein Spiel. Schon seit geraumer Zeit regt er sich über das Missmanagement im nigerianischen Team auf. "Früher haben wir regelmäßig gewonnen. Die Super Eagles, das waren die Giganten Afrikas. Gute Spiele, zwei mal Afrikameister", erinnert er sich. Es gebe zwei Gründe, warum Nigerianer kaum noch ins Stadion gehen: Erstens seien sie nicht zufrieden mit der Leistung des Teams, zweitens fehle einfach das Geld für die Tickets. "Als Ausländer verdienst du in Südfarika nicht so viel, manchmal reicht's kaum fürs Essen. Das ist alles nicht so einfach,“ sagt Prince Efanyo Obi. Kritik hin oder her - für ein Finale mit Nigeria würde er trotzdem sein ganzes Erspartes geben.
Fans aus Angola bekommen Unterstützung vom Staat
Das hat so mancher Fan aus Angola nicht nötig: "Die meisten Fans hier haben von unsererer Regierung einen kleinen Beitrag zum Ticket dazubekommen. Aber viele andere haben ihre Reise selbst bezahlt - ich zum Beispiel", erzählt Marco Gomes, gekleidet in ein rotes Angola-Trikot. Einen Tag vor Turnierbeginn ist er mit einem Flieger voller Fußballfans von seiner Heimatstadt Luanda nach Johannesburg geflogen. Als Geschäftsmann im ölreichen Angola kann er sich das leisten. Insgesamt wird Gomes der Trip zum Africa-Cup rund 1.000 Euro kosten.
Seinem Fanblock gegenüber stehen diejenigen, die auf Staatskosten gereist sind: rund 1.000 angolanische Fans. Darunter ist auch der Club Movimento Nacional Espontaneo (Spontane Nationale Bewegung). Die Mitglieder sind an ihren offiziellen Fan-Ausweisen zu erkennen, die sie um den Hals tragen. Fanclub-Vizepräsident Antonio Fiel Didi beobachtet das träge Spiel auf dem regennassen Rasen. "Wir sind seit 15 Tagen hier. Das kostet uns zwei Millionen Dollar. Davon muss die Regierung die Hälfte bezahlen, also eine Million Dollar", sagt Fiel Didi.
Fiel Didi spricht nicht nur für seinen Club, sondern für alle Fans, die mit Hilfe der Regierung aus Angola angereist sind. Nur weil sich die Regierung daran finanziell beteilige, könnten überhaupt so viele Angolaner hier sein, sagt er. Und auch andere Länder bezuschussen offenbar Reisekosten für ihre heimischen Fußballfreunde - das gilt unter den Fans in Südafrika als offenes Geheimnis, auch wenn es keine offiziellen Zahlen gibt. Auch dass sich die Regierungen damit die Gunst der Wähler sichern möchten, hört man im Stadion nur hinter vorgehaltener Hand.
"Wir sind alle Afrikaner"
Insgesamt 3.000 Angolaner haben den Weg in Südafrikas Stadien geschafft, schätzt Fiel Didi. Die meisten von ihnen lebten jedoch ohnehin bereits als Arbeitsmigranten oder Studenten in Südafrika, sagt er.
Alle gemeinsam haben sie davon geträumt, zum ersten Mal ein Afrika-Cup-Finale mit der angolanischen Mannschaft zu erleben. Nun ist ihr Land bei den Qualifikationsspielen für das Viertelfinale ausgeschieden. Für sie und die anderen Teams, die ebenfalls bereits ausgeschieden sind, bleibt der Afrika Cup trotzdem ein Ereignis. Für den angolanischen Geschäftsmann Gomes war von Anfang an klar: "Falls es nicht klappt, unterstützen wir eben die anderen afrikanischen Teams! Am Ende sind wir doch alle Afrikaner!"