Schriftsteller klären Verhältnis von Krieg und Poesie
3. Februar 2017Alle Exilautoren, die an diesem Abend in Köln aus ihren Werken lasen, mussten ihr Land verlassen. Sie berichteten von Flucht und Verfolgung wie der Syrer Yamen Hussein, von langen Jahren im Gefängnis wie der Kameruner Enoh Meyomesse oder von bangen Fragen an die Zukunft wie die Tschetschenin Maynat Kurbanova.
Die deutsche Kulturstaatsministerin Monika Grütters sprach von Krieg und Poesie als einem Paar, das nicht zusammenpasse: "Verrohung und Behutsamkeit, zerstörerische und schöpferische Kraft, eine Verbindung des Schlechtesten und des Besten, dessen Menschen fähig sind." Während die Alltagssprache im Krieg an Kraft verliere, weil gewöhnliche Worte das Grauen nicht fassen könnten, so Grütters, "kann die Kraft eines Gedichtes, also Poesie, den Krieg überdauern."
Eine Bühne für verfolgte Schriftsteller
Über Jahrhunderte habe Poesie auch zur Kriegsverherrlichung gedient, erinnerte PEN-Präsident Joseph Haslinger. Doch sei diese Zeit vorbei. "Die Poesie ist niemandem zur Dienerschaft verpflichtet. Sie lebt vom freien Wort", betonte Haslinger. Dem habe der PEN jetzt eine Bühne verschaffen wollen, vor allem solchen Menschen, die Krieg erleiden mussten und deshalb nach Deutschland gekommen seien.
Die fünf Exil-Autoren des Abends sind oder waren allesamt Stipendiaten des Writers-in-Exile-Programms der deutschen Schriftstellervereinigung. Bundesregierung und PEN haben es vor 17 Jahren gemeinsam für verfolgte Schriftsteller aufgelegt. Aktuell betreut es insgesamt zehn Autorinnen und Autoren aus Bangladesh, Russland, Jemen, Vietnam, Syrien und Kolumbien.
Die Macht des Wortes
Was die Freiheit des Wortes in der Welt betrifft, so blicke sie "nicht sehr freudvoll" in die Zukunft, sagte die Writers-in-Exile-Beauftragte des PEN, Franziska Sperr. Die Machthaber hätten Bomben und brauchten nur auf einen Knopf zu drücken - doch fürchteten sie sich vor den Schriftstellern. "Das ist beruhigend. Das zeigt die Macht des Wortes."
Auch Grütters kritisierte, Demokratie und Kunstfreiheit seien nicht gerade auf dem Siegeszug. "Um die Freiheit des Wortes muss man sich sogar hier auf europäischem Boden wieder Sorgen machen", sagte die CDU-Politikerin. In Polen und Ungarn sei die Pressefreiheit in Gefahr. Und wenn in der Türkei womöglich bald die Totenglocke für die Demokratie läute, werde das Auswirkungen weit über die türkischen Grenzen hinaus haben. "Wo die Freiheit des Wortes beschnitten wird, wo unbequeme Künstler verfolgt werden, wo Kunst zur Erfüllungsgehilfin der Herrschenden degradiert wird, da büßt jede Gesellschaft ihre Humanität ein", so die Kulturstaatsministerin.