"Cumhuriyet"-Journalisten vorzeitig frei
13. September 2019Die fünf Journalisten, unter ihnen der bekannte Karikaturist Mus Kart, wurden von ihren Angehörigen und weiteren Unterstützern begrüßt, als sie das Kandira-Gefängnis in der Stadt Kocaeli im Nordwesten der Türkei verließen. Wenige Stunden zuvor hatte eine Kammer des obersten türkischen Berufungsgerichts die Freilassung der ehemaligen Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" angeordnet. Eine niedrigere Instanz hatte die Einsprüche der fünf Journalisten gegen ihre Verurteilung vor ein paar Monaten noch zurückgewiesen.
Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu unterliegen die fünf künftig aber einer Ausreisesperre. Mit der Gerichtsentscheidung wurde Medienberichten zufolge auch das Urteil gegen den Ex-Investigativjournalisten und heutige Abgeordnete Ahmet Sik abgeschwächt. Er soll nicht mehr wegen Terrorunterstützung, sondern wegen Terrorpropaganda bestraft werden. Sik ist noch auf freiem Fuß. Ein ehemaliger "Cumhuriyet"-Buchhalter muss weiter im Gefängnis bleiben.
Verurteilt wegen angeblicher Terror-Propaganda
Die jetzt freigelassenen fünf Journalisten waren im April 2018 zusammen mit weiteren ehemaligen "Cumhuriyet"-Mitarbeitern zu Haftstrafen bis zu acht Jahren verurteilt worden. Das Urteil war mit der "Unterstützung von Terrorgruppen", unter anderem der Kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen, durch die Berichterstattung begründet worden. Der im US-Exil lebende Gülen wird von Staatschef Recep Tayyip Erdogan beschuldigt, hinter dem Putschversuch von 2016 zu stecken. Gülen weist dies zurück.
Seit dem Putschversuch geht die türkische Regierung auch massiv gegen Medienhäuser und Journalisten vor. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) liegt die Türkei auf Platz 157 von 180.
Die 1924 gegründete "Cumhuriyet" ist eine der wenigen türkischen Zeitungen, die nicht in der Hand von Medienmogulen ist, sondern einer unabhängigen Stiftung gehört. Das Blatt geriet immer wieder mit der türkischen Regierung in Konflikt. Ihr früherer Chefredakteur Can Dündar floh nach Deutschland, nachdem er in Istanbul 2016 wegen eines Artikels über mutmaßliche Waffenlieferungen der Türkei an Islamisten in Syrien zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden war.
ww/ml (dpa, afp, rtr)