Für Paderborn zählt nur der Sieg
6. Februar 2018Steffen Baumgart weiß nicht so recht, ob er sich freuen soll oder doch eher nicht. Der große FC Bayern kommt zum Pokal-Showdown nach Paderborn (ab 18:15 Uhr im DW-Liveticker). Dort, beim Sportclub, ist nach einem Jahr in der Bundesliga 2014/2015 inzwischen wieder drittklassiger Fußball der Alltag. Das Viertelfinale im DFB-Pokal gegen den Rekordmeister verspricht ein ausverkauftes Stadion, viel Medienpräsenz und natürlich ordentlich Einnahmen. Und doch sagt Paderborns Trainer: "Das ist ein Los. Ich hätte mir vielleicht auch jemand anders gewünscht." Es schwingt mehr als bloß Respekt in seiner Stimme mit. Er ahnt, welch unlösbare Aufgabe da auf ihn und seine Mannschaft zukommt.
"Das ist so ein Zwiespalt. Denn auf der anderen Seite gibt es nichts schöneres, als gegen die Bayern zu spielen", überlegt Baumgart schließlich laut. Es ist nicht so, als ob er die ultimative Herausforderung scheut. Doch er weiß, was da auf ihn zurollt. Der FC Bayern ist aktuell mal wieder im Mia-san-Mia-Modus. Die letzten zehn Spiele gewannen die Bayern alle. Dabei scheint es egal zu sein, ob der Gegner nun Mainz 05 oder Paris Saint-Germain heißt. Mit schwindelerregenden 18 Punkten Abstand grüßen sie die Liga von der Spitze, während die wahren Herausforderungen in der Champions League warten. Der DFB-Pokal läuft da allenfalls als Nebenprogramm so mit. Sollte man meinen.
Jupp Heynckes ist "von Paderborn beeindruckt"
Denn seit Jupp Heynckes bei den Bayern wieder das Training leitet, zählen eben auch die kleinen Dinge auf dem Weg zum Erfolg. Der Triplemacher weiß, wie wichtig es für ein dominantes Team wie den FCB ist, Spannung, Konzentration und Erfolgshunger aufrecht zu erhalten. Vermeintlich kleine Aufgaben wie beim FC Paderborn sind natürlich prädestiniert, mal nachzulassen, halbe Kraft wird für den Drittligisten schon reichen. Nicht mit Heynckes. Er schaute sich in der Vorbereitung zum Pokal-Spiel zwei Partien des SC Paderborn an. "Ich kenne die 3. Liga nicht so, ich will den Gegner richtig kennenlernen", sagt der der 72-jährige Bayern-Coach, der sich für solche Ausflüge in die Fußballprovinz eben nicht zu schade ist. Und das, was er sah, nötigte ihm Respekt ab. "Ich bin von Paderborn beeindruckt, wie sie Fußball spielen. Sie spielen strukturiert, schalten schnell um, sind laufstark, aggressiv und haben gute Fußballer in ihren Reihen."
Die gelobten Kicker aus Ostwestfalen schlagen sich in der Tat wacker: nach dem Fast-Abstieg in die Regionalliga im vergangenen Sommer hat sich der Verein berappelt. Bisher hat der SC Paderborn in 30 Pflichtspielen 23-mal gewonnen und dabei stolze 84 Tore geschossen. Ergebnis: die souveräne Tabellenführung in Liga drei. Nach zwei Abstiegen und einem Fast-Abstieg (Nur der Lizenzentzug für 1860 München bescherte den Klassenverbleib) erfährt der SCP also derzeit zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder so etwas wie Glücksgefühle. Positive Emotionen, die Mut machen sollen vor einer großen Pokal-Aufgabe.
"Kein PR-Kick"
Wie groß diese ist, verdeutlichen zum Beispiel diese Zahlen: Paderborns Mannschaft wird vom Fußball-Portal transfermarkt.de auf fünf Millionen Euro taxiert. Der Kader der Bayern ist dagegen stolze 642 Millionen Euro wert, also mehr als 128-mal so viel wie der des SCP. Umso mehr sind sie in Paderborn um Normalität bemüht, frei nach dem Motto: Es ist auch nur ein Fußballspiel. Geschäftsführer Markus Krösche: "Letztlich ist es für uns aber auch ein normales Pflichtspiel, das wir nicht abschenken werden. Wir machen keinen PR-Kick daraus."
Nüchtern, unaufgeregt, typisch westfälisch. Und das Wort "bodenständig" könnte man noch hinzufügen. Überlegungen, wegen mehr Ticket-Einnahmen für das Bayern-Spiel in ein größeres Stadion wie zum Beispiel nach Bielefeld, Dortmund oder Hannover zu ziehen, erteilten die Verantwortlichen schnell eine Absage. "Das ist unser Zuhause. Ich geh doch nicht von unserem Zuhause weg, nur weil ich woanders vielleicht fünf Zuschauer mehr habe", machte Baumgart klar. Als ehemaliger Stürmer unter anderem für Hansa Rostock und Energie Cottbus kennt er den Niveau-Unterschied zur Bundesliga ziemlich gut, weiß wie viel schneller das Spiel in der obersten deutschen Spielklasse ist.
Doch aufgeben oder verstecken war nie seine Art. Baumgart, der bereits zu DDR-Zeiten bei der SG Dynamo Schwerin erfolgreich war, erwartet von seiner Mannschaft einen selbstbewussten Auftritt. "Wir werden versuchen, unser Spiel zu machen", sagt er und klingt dabei als glaube er wirklich an eine Sensation. "Wir gehen an die Sache mit dem Ziel ran, weiterzukommen. Nur darum geht es."
Das Viertelfinale im DFB-Pokal
Dienstag:
18:30 Uhr MEZ: SC Paderborn 07 - FC Bayern München
20:45 Uhr MEZ: Bayer Leverkusen - Werder Bremen
Mittwoch:
18:30 Uhr MEZ: Eintracht Frankfurt – FSV Mainz 05
20:45 Uhr MEZ: FC Schalke 04 – VfL Wolfsburg