Der Countdown läuft
24. April 2008Bis zum 26. April läuft der Countdown für Yahoo. Dann wird sich herausstellen, ob die größte Übernahme in der Internet-Branche freundlich oder feindlich ablaufen wird. Auf dem Tisch liegt ein Angebot von Microsoft an Yahoo in Höhe von etwa 44 Milliarden Dollar. Verbunden ist die Offerte mit einer Drohung: Man werde Yahoo sich auch ohne dessen Zustimmung einverleiben, falls bis zum 26. April keine Einwilligung zu dem Angebot vorliege. Yahoo-Chef Jerry Yang lehnte die Offerte bisher ab. Begründung: Damit sei das Unternehmen zu niedrig bewertet.
Von einem Zusammenschluss könnten Internet-Surfer profitieren. "Da werden Kräfte gebündelt, die dem Nutzer zugute kommen", sagt Thomas Schildhauer, Direktor am Institute of Electronic Business in Berlin. "Durch ein Zusammengehen von Microsoft und Yahoo würde der Wettbewerb deutlich angeregt - gerade hinsichtlich der wachsenden Übermacht von Google."
Know-How auf unterschiedlichen Feldern
Microsoft verfügt zwar bei Betriebssystemen über eine unangefochtene Markmacht. Mit seinen Bemühungen, im Internet eine ähnlich gute Position aufzubauen, ist der Software-Konzern jedoch immer wieder gescheitert.
Yahoo hat sich dagegen als Suchmaschinen-Pionier einen hervorragenden Ruf aufgebaut - in den USA noch mehr als in Europa. Das Unternehmen verfügt auf diesem Gebiet über großes Know-How, das es ständig weiterentwickelt. Erst im März eröffnete Yahoo in Israel ein Forschungszentrum für Internet-Suche. Dort sollen erweiterte Suchtechniken entwickelt werden, die mit den Online-Angeboten der Zukunft Schritt halten können.
Es würde Sinn machen, meint Schildhauer, diese unterschiedlichen Stärken zu bündeln. Das Ergebnis könnte ein technisch wie inhaltlich hochwertiges Angebot für Internet-Nutzer sein.
Besonders mit Blick auf das relativ schwach erschlossene Feld mobiler Endgeräte halten Internet-Experten ein Zusammengehen der beiden für sinnvoll. Microsoft breitet derzeit seine Dominanz bei PC-Betriebssoftware auf den Markt für Handys und andere mobile Endgeräte aus. Diese Geräte werden unter Umständen schon bald die Bedeutung von PCs als Türen ins Internet übersteigen. Ein Internet-Unternehmen wie Yahoo würde davon profitieren, wenn es einen festen Platz in der Handy-Betriebssoftware von Microsoft erhielte. Das zeigen Beispiele wie T-Online und AOL. Mit ihren Internet-Portalen erreichen sie allein schon deshalb viele Surfer, weil die beiden Unternehmen gleichzeitig als Zugangsanbieter auftreten.
Keine Super-Suchmaschine
Bedeutend argwöhnischer würde Schildhauer ein Zusammengehen von Yahoo mit Google beobachten. "Als Nutzer und Verbraucher sehe ich das sehr kritisch, wenn zwei so Marktmächtige in einem Themengebiet zusammenkommen", sagt er und meint, dies würde keinem von beiden einen Wettbewerbsansporn geben. Am Ende würde womöglich Yahoo im Google-Imperium aufgehen und bald vom Bildschirm verschwinden. Das Entstehen einer Super-Suchmaschine sei jedenfalls kaum zu erwarten.
Google kann im Kampf um Yahoo aber wahrscheinlich ohnehin nur indirekt eingreifen. Denn ein Veto der US-Wettbewerbsbehörden zu einem Zusammenschluss dieser beiden gilt als sicher. Das US-Justizministerium prüft bereits, ob Yahoo und Google mit ihrer probeweisen Zusammenarbeit im Internet-Anzeigengeschäft gegen das Kartellrecht verstoßen. Das Ministerium habe Bedenken wegen einer längerfristigen Zusammenarbeit der beiden Unternehmen, meldete Reuters.
Ein Google-Konkurrent?
Gemessen an jüngsten Geschäftszahlen bliebe es selbst im Fall einer erfolgreichen Übernahme von Yahoo durch Microsoft fraglich, ob dadurch ein ebenbürtiger Konkurrent für Google entstehen könnte. Zu groß erscheint der Rückstand von Yahoo. Im ersten Quartal erzielte das Unternehmen bei einem Umsatz von etwa 1,8 Milliarden Dollar einen Gewinn von 542 Millionen. Google erwirtschaftete dagegen 5,2 Milliarden Dollar Umsatz, der Gewinn betrug 1,3 Milliarden.
Der Abstand ist damit so groß, dass selbst bei einer Bündelung von Yahoo mit Microsofts Internet-Sparte MSN der wirtschaftliche Erfolg von Google unangefochten bliebe.