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G20-Gipfel Hamburg: Konzert für Aktivisten

Alexander Drechsel
4. Juli 2017

Coldplay, Shakira und weitere Stars geben Donnerstag zum G20-Gipfel in Hamburg ein Konzert - als Belohnung für das Engagement tausender Aktivisten im Netz. Wie das funktioniert, erzählen die Veranstalter im Interview.

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Coldplay-Frontman Chris Martin spielt 2015 beim Global Citizen Festival im Central Park
Coldplay-Frontman Chris Martin spielte 2015 beim Global Citizen Festival im Central Park Bild: Getty Images/Theo Wargo

Deutsche Welle: Wegen des G20-Gipfels wird es in Hamburg am 6. Juli ein großes Konzert geben – das Global Citizen Festival. Unter anderem werden Herbert Grönemeyer, Coldplay, Shakira, Pharrell Williams, Ellie Goulding und Andreas Bourani auftreten. Alle spielen ohne Gage und der Eintritt zum Festival kostet kein Geld. Veranstalter ist die Organisation Global Citizen, die von dem Australier Hugh Evans ins Leben gerufen wurde. Welche Idee verbirgt sich dahinter, Herr Evans?

Hugh Evans: Unsere Mission ist die Bekämpfung der extremen Armut. Wir sind keine Wohlfahrtsorganisation im herkömmlichen Sinne. Wenn du dein Geld an Oxfam, Unicef, World Vision, Save the Children und die vielen anderen spendest, ist das toll, aber wir wollen nur dein Handeln und nicht dein Geld. Wir wollen eine Bewegung in Gang setzen, um die Politik dahin zu bringen, dass genügend Investitionen in die richtigen Kanäle fließen, um extreme Armut zu bekämpfen.

Wie hängt das mit dem Festival in Hamburg zusammen?

Hugh Evans: Die Mitglieder von Global Citizen können Punkte für ihr Handeln verdienen. Wer genügend Punkte gesammelt hat, kann beispielsweise kostenfrei ein Global Citizen Festival besuchen.

Konzerte sind sozusagen die Belohnung für politisches Engagement. Wie genau funktioniert das Punktesystem?

Carolin Albrecht und Hugh Evans, Global Citizen Festival
Carolin Albrecht und Hugh EvansBild: Edelmann.Ergo

Hugh Evans: Mit dem Download der App oder der Registrierung auf der Internetseite GlobalCitizen.org fängt es an. Dann kann der einzelne Global Citizen Punkte verdienen. Für jeden Anruf, jeden Tweet, jede Email, jede Petition oder für jedes Treffen mit Abgeordneten – für alles, was wir digital überprüfen können, gibt es Punkte.

Was sind konkrete Beispiele?

Hugh Evans: In Deutschland beispielsweise können Global Citizens bei der CDU, SPD, den Grünen, der Linken anrufen. Die Politiker sollen kommenden Donnerstag auf der Bühne in Hamburg zusagen, sich für mehr Geld in der Entwicklungshilfe einzusetzen.

Welche Reaktionen aus der Politik gibt es für das Festival in Hamburg?

Hugh Evans: Wir haben Argentiniens Präsident Mauricio Macri, den deutschen Regierungssprecher Steffen Seibert, Kanadas Premierminister Justin Trudeau über unsere Kanäle angesprochen und innerhalb von 48 Stunden hatten wir Antworten von ihnen. Trudeau wird beim Festival am Donnerstag in Hamburg auftreten und Investitionen in die Gesundheitspolitik ankündigen. Macri wird etwas zum G20-Gipfel nächstes Jahr in Argentinien sagen. Aber mehr will ich noch nicht verraten.

Carolin Albrecht, Sie arbeiten für Global Citizen in Deutschland. Wie kommt diese Kampagnen-Kultur in Deutschland an? Welche Politiker kommen auf die Bühne nach Hamburg?

Gwen Stefani bei ihrem Auftritt beim Global Citizen Festival New York 2014
Gwen Stefani bei ihrem Auftritt beim Global Citizen Festival New York 2014 Bild: Getty Images/Theo Wargo

Carolin Albrecht: Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz will auftreten. Auch haben wir Videobotschaften von Vertretern der vier Parteien im Bundestag. Wir warten derzeit noch auf Rückmeldungen, wer von der Bundesregierung auf der Bühne stehen wird.

Andere Regierungen scheinen weniger Berührungsängste zu haben. Woher kommt das?

Carolin Albrecht: Für die deutsche Politik ist das recht neu. Die Politiker sind unterschiedlich in den sozialen Medien unterwegs.  Gesundheitsminister Hermann Gröhe haben wir im Rahmen des G20 über Twitter angeschrieben. Er hat darauf geantwortet, sich mit uns getroffen und eine Petition zum Thema Pandemiebekämpfung und Stärkung der Weltgesundheitsorganisation entgegengenommen. Ähnliches haben wir beim Entwicklungsministerium erlebt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ein Video für die Global Citizens gemacht. Mit den Reaktionen sind wir zufrieden. Nun geht es darum, dass auch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.

Welches Beispiel haben Sie für einen Erfolg von Global Citizen?

Hugh Evans: Vor ein paar Jahren haben wir eine Twitterkampagne gestartet und die norwegische Regierung aufgefordert, die Ausgaben für weltweite Bildung zu erhöhen. Die Mitarbeiter der norwegischen Ministerpräsidentin Erna Solberg riefen darauf an und sagten: "Wir stehen mitten in einem Wahlkampf und können keine Tweets der norwegischen Wähler mehr sehen, weil so viele Tweets von Global Citizens auftauchen. Könntet ihr die Kampagne bitte einstellen?" Wir haben geantwortet: "Machen wir, wenn ihr eine Zusage macht." Darauf habe ich mich mit Solberg in Oslo an einen Tisch gesetzt. Solberg sagte zu, dass Norwegen innerhalb von drei Jahren die Ausgaben für weltweite Bildung verdoppeln werde. Das war vor drei Jahren und sie hat Wort gehalten: Norwegen ist nun einer der größten Geldgeber für weltweite Bildung.

Wie schafft Global Citizen es, eine so große Zahl bekannter Musiker wie jetzt beim Festival in Hamburg zum Auftritt zu bewegen?

Carolin Albrecht: Wir haben den großen Vorteil, dass Global Citizen mit fast allen großen Künstlern der Musikszene schon zusammengearbeitet hat. Chris Martin von Coldplay ist beispielsweise einer unserer Botschafter. Er hat sich dazu verpflichtet, mit uns die nächsten 15 Jahre zusammenzuarbeiten. Er wendet sich an andere Künstler - auch hier in Deutschland.

Das Interview führte Alexander Drechsel.