Gabriel drängt auf "planbare Zuwanderung"
17. Januar 2016SPD-Chef Sigmar Gabriel plädierte erneut für die Einführung fester Kontingente zur Aufnahme von Flüchtlingen. "Wir müssen es schaffen, den Zuzug zu reduzieren", sagte er zum Auftakt der Vorstandsklausur seiner Partei im brandenburgischen Nauen. Sonst könne die Integration der Flüchtlinge nicht gelingen. Wenn die Maßnahmen zur Reduzierung des Flüchtlingszuzugs im Frühjahr keine Wirkung zeigten, "bewegen wir uns auf Zahlen zu, die schwierig werden", sagte Gabriel. Er rate "uns allen, diese Grenze, die das Land aufzunehmen in der Lage ist, nicht auszutesten", und fügte hinzu: "Wir müssen von einer chaotischen zu einer planbaren Zuwanderung kommen."
Um die Flüchtlingszahlen zu verringern, setzt die SPD laut Gabriel vor allem auf drei Punkte: Investitionen in die Herkunftsländer, um Fluchtursachen zu beseitigen, den besseren Schutz der EU-Außengrenzen und drittens die Festlegung von Kontingenten zur Aufnahme von Flüchtlingen. Bis zum Frühjahr müsse es gelingen, bei der Reduzierung der Zahlen Fortschritte zu erreichen, insbesondere auch durch "ein wirksames Abkommen" mit dem Haupttransitland Türkei.
"Wir schaffen das nur ohne Verteilungskämpfe"
Gabriel wirft der Union vor, die Menschen in der Flüchtlingskrise mit ständigen Ablenkungsmanövern zu verunsichern. So sei der jüngste Vorstoß der Union, Flüchtlinge aus Marokko und Algerien mit geringen Asylchancen in speziellen Erstaufnahme-Einrichtungen unterzubringen, ein alter Hut. "Das ist nichts Neues, das haben wir längst verabredet. Wir müssen einfach mal einhalten, was wir versprochen haben, statt jeden Tag eine neue Idee durchs Land zu schicken", sagte Gabriel. Als Beispiel nannte er die Beschleunigung von Asylverfahren, die bisher kaum vorangekommen sei. Über die Verschärfung des Asylrechts im Asylpaket II gibt es nach Angaben aus der Koalition noch immer keine Detaileinigung. Am Mittwoch soll das neue Gesetzespaket im Kabinett auf den Weg gebracht werden. Umstritten sind den Angaben zufolge aber noch eine Einschränkung des Familiennachzugs für Flüchtlinge und deren Selbstbeteiligung an den Kosten von Deutschkursen.
Entscheidend sei, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland zu sichern. Derzeit gebe es die Situation, "dass ein Teil die Flüchtlinge begrüßt, der andere Teil Angst hat". Mit Blick auf Algerien und Marokko drängte Gabriel, diese müssten dazu bereit sein, abgelehnte Asylbewerber aus ihren Ländern wieder zurückzunehmen. Indirekt deutete der Vizekanzler an, dass es andernfalls weniger Geld für Länder Nordafrikas geben könnte. "Man kann nicht deutsche finanzielle Unterstützung wollen und gleichzeitig in dieser Frage nicht mit uns zusammenarbeiten", sagte er.
Zugleich warnte auch Gabriel vor enormen wirtschaftlichen Schäden in Europa, falls die Grenzen dichtgemacht würden. Als zentrale Aufgabe der SPD bezeichnete er es, das Land in der Flüchtlingskrise zusammenzuhalten: "Wir schaffen das nur ohne Verteilungskämpfe, ohne dass wir jemanden was wegnehmen müssen."
SPD kämpft gegen Rechtspopulismus
Schwerpunktthema der SPD-Klausur ist allerdings zunächst die Wirtschaftspolitik. Eine starke Wirtschaft sei auch "die Voraussetzung für die Integration einer Million Flüchtlinge", sagte Gabriel. An der Tagung nehmen die Bundesminister und Ministerpräsidenten der SPD sowie der geschäftsführende Vorstand der Bundestagsfraktion teil. Es geht auch um die Vorbereitung des Wahljahrs 2016 mit fünf Landtagswahlen, davon drei bereits im März. Am Montag soll es neben dem Thema Integration auch um die Bekämpfung des Rechtspopulismus gehen sowie um weitere Schritte zum Schutz und zur Gleichberechtigung von Frauen.
pab/qu (afp, dpa, epd, rtrd)