Härteres Syrien-Mandat nur mit SPD-Basis
11. Dezember 2015Eine mögliche Ausweitung des Mandats für den Syrien-Einsatz der Bundeswehr wird nach den Worten von SPD-Chef Sigmar Gabriel nur mit einer Abstimmung der Parteimitglieder möglich sein. "Sollte das Mandat, das der Deutsche Bundestag in der letzten Woche verabschiedet hat, verändert und die direkte Beteiligung von Deutschland an Kampfhandlungen oder gar Bodentruppen in Syrien oder der Region eingefordert werden, dann werde ich als Vorsitzender die Mitglieder über die Haltung der SPD entscheiden lassen", sagte Gabriel auf dem Bundesparteitag in Berlin. Nur die Mitglieder und niemand sonst habe das Recht, in einer so entscheidenden Frage die Position der SPD zu bestimmen.
Gabriel verteidigte zugleich die in der SPD umstrittene Entscheidung, zur Unterstützung Frankreichs im Kampf gegen die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien Tornado-Aufklärer, ein Tankflugzeug und eine Fregatte zu entsenden. Richtig sei, dass man den IS nicht nur militärisch besiegen könne und der Bürgerkrieg in Syrien durch Verhandlungen politisch beendet werden müsse. Es stimme aber auch, "dass jede politische Lösung zu spät kommt, wenn der IS das Land erst erobert und dort wirklich einen Terrorstaat errichtet hat".
Verständnis für Zweifler
Der Parteivorsitzende fügte hinzu: "Ich mag mir nicht ausmalen, was es für Europa und das deutsch-französische Verhältnis bedeutet hätte, wenn wir als Deutsche diese Unterstützung verweigert hätten." Gabriel zeigte zugleich Verständnis für die Zweifler. Er habe Respekt vor ihren Argumenten. Er sei froh, dass es in der SPD zu Fragen von Krieg und Frieden "keinen Hurra-Patriotismus" gebe.
Der Bundestag hatte die heikle Bundeswehr-Mission vor einer Woche beschlossen. Die Bundeswehr soll die Kampfjets der Anti-IS-Koalition in Syrien und im Irak mit Aufklärungsflügen unterstützen, selbst aber keine Bomben abwerfen. Am Donnerstag hatten sich die ersten Flugzeuge der Bundeswehr auf den Weg in den Einsatz gemacht.
"Lieber etwas nachdenklicher"
Sigmar Gabriel rief seine Partei auch auf, mit Vernunft statt mit Kraftmeierei auf die zahlreichen politischen Krisen zu reagieren. "Lasst uns lieber etwas nachdenklicher als zu laut sein", sagte er. Nicht Parteitaktik sollte das Handeln der SPD bestimmen, sondern Ernsthaftigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Besonnenheit und Entschlossenheit. Der Vizekanzler sieht seine Partei als Stabilitätsanker in der schwarz-roten Koalition. Ohne die SPD wäre die Bundesregierung bereits jetzt durch den Streit innerhalb der CDU/CSU gelähmt und Deutschland in großen Schwierigkeiten.
Auf dem Bundesparteitag der SPD in Berlin stellt sich der Parteichef an diesem Freitag zur Wiederwahl. Der 56-jährige Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler ist seit sechs Jahren Vorsitzender der Sozialdemokraten und damit länger in diesem Amt als jeder andere SPD-Chef seit Willy Brandt. Mit Spannung wird erwartet, wie Gabriel abschneidet. Auf dem Parteitag vor zwei Jahren war er nur auf 83,6 Prozent gekommen. Damals schlug sich in seinem Ergebnis auch Missmut in Teilen der SPD darüber nieder, dass Gabriel Kurs auf eine Koalition mit der Union nahm.
Zur neuen Generalsekretärin soll die Bundestagsabgeordnete Katarina Barley gewählt werden. Amtsinhaberin Yasmin Fahimi gibt den Posten nach knapp zwei Jahren auf. Weitere Themen sind auf dem Parteitag die Zukunft der Arbeit und die Digitalisierung von Alltag und Beruf. Am Abend steht die Entscheidung über eine Änderung der Parteisatzung an, wonach Doppelspitzen aus Mann und Frau auf allen Parteiebenen möglich sein sollen. Die Parteitagsregie empfiehlt die Ablehnung des Antrages, für den sich Gabriel offen gezeigt hatte.
kle/se (rtr, afp, dpa)