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Cloud Gaming krempelt die Spieleindustrie um

20. August 2019

Eines der Trendthemen der diesjährigen Spielemesse Gamescom ist das sogenannte Cloud Gaming. Der Google-Dienst Stadia könnte dem Ganzen zum Durchbruch verhelfen. Wir erklären, was sich dahinter verbirgt.

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Gamescom 2018
Bild: picture-alliance/H. Kaiser

Cloud Gaming lässt sich eigentlich ganz einfach erklären. Statt auf einer Disk oder einer Festplatte liegen die Spiele in einem Rechenzentrum, der sogenannten Cloud, und können via Internet an jedem beliebigen Ort und auf jedes beliebige Endgerät gestreamt werden. Der Spieler braucht keinen hochgerüsteten PC mehr, sondern nur eine stabile Internetverbindung.

Cloud Gaming existiert seit zehn Jahren, doch richtig durchgesetzt hat es sich bislang nicht. Das könnte sich in diesem Jahr ändern, dank neuer Dienste wie Google Stadia. Stadia verspricht seinen Nutzern, die bereitgestellten Spiele auf jedem Bildschirm spielen zu können - also auf Smartphones, Computern, Fernsehern, Tablets. Alles, was der User braucht, sei Googles Browser Chrome und eine Internetverbindung. Den passenden Controller liefert Google gleich mit. Im November soll das Angebot in den USA, Kanada und mehreren europäischen Ländern verfügbar sein.

Jemand hält einen Controller vor einem Laptop, auf dem Stadia von Google zu lesen ist.
Google Stadia kommt im November auf den MarktBild: picture-alliance /A. Warnecke

Leichterer Zugang zu digitalen Spielen

Gamescom-Besucher vor einem XBOX-Stand
Mit Project xCloud setzt auch Microsoft auf Cloud Gaming Bild: picture-alliance/A. Warnecke

Der Vorteil eines solchen "Netflix für Spiele" ist, dass es Nutzergruppen erreicht, die sich bislang vielleicht für digitale Spiele interessiert haben, aber ohne Konsole oder High-End-PC keinen Zugang zu aktuellen Produktionen hatten. Das lohnt sich einerseits wirtschaftlich, weshalb auch Branchenriesen wie Sony und Microsoft eigene Cloud-Gaming-Dienste im Portfolio haben. Das könnte darüber hinaus aber auch für ein besseres Image von Videospielen und Gamern sorgen. Während Binge-Watching von Serien heute in allen sozialen Schichten gesellschaftlich anerkannt ist, werden Erwachsene, die viel Zeit mit Videospielen verbringen - zumindest in Deutschland - noch immer schräg angeguckt.

Kein Internet? Pech gehabt!

Ein großer Nachteil des Cloud Gamings ist allerdings, dass es nur mit einer stabilen Internetverbindung funktioniert. Verzögerungen in der Übertragung bedeuten bei digitalen Spielen schnell den Bildschirmtod. Anders als beim Filmstreaming, bei dem Teile des Films schon vorab geladen werden können, sind Videospiele ein interaktives Medium, das es nicht zulässt, Szenen vorab zu laden. Schließlich entscheidet der Spieler, was als nächstes passiert. Damit ein Spiel auch bei einer schwachen Internetverbindung flüssig weiterlaufen kann, ist Kreativität gefragt. Bei PlayGiga, einem spanischen Cloud-Gaming-Anbieter, wird in solchen Fällen etwa die Grafik heruntergefahren.

Gelegenheits- und Familienspiele für den Massenmarkt

Jemand spielt "Candy Crush" auf einem iPhone.
"Candy Crush Saga" spricht Gelegenheitsspieler an, die sich wahrscheinlich gar nicht als Gamer bezeichnen würdenBild: Reuters/C. Allegri

Dennoch: Cloud Gaming ist der nächste große Umbruch in der Spielebranche und wird einen bedeutenden Einfluss auf digitale Spiele haben. Schon jetzt sind Casual Games auf dem Vormarsch. Das sind Gelegenheitsspiele wie "Candy Crush Saga", die einfach zu erlernen sind und längst die Smartphones erobert haben. Auch Familienspiele wie etwa die "Lego"-Games, die sich hervorragend auch zu zweit auf der Couch spielen lassen, kämen bei den Nutzern gut an, verrät Juan Carrillo, Product-Director von PlayGiga, im Interview.

Herausforderungen für Entwickler

Für Entwickler wird es immer wichtiger werden, ihre Spiele für die unterschiedlichen Plattformen anzupassen, da Cloud Gaming nahtloses Wechseln vom Fernseher, zum Tablet, zum Smartphone und zum PC möglich macht. Auch auf eine kürzere Verweildauer der Nutzer werden die Entwickler eingehen müssen. Eine große Spielebibliothek verleitet schließlich dazu, in viele Spiele hineinzuschnuppern, anstatt Hunderte von Stunden bei einem Titel zu bleiben.

Eigenproduktionen wahrscheinlich

Langfristig könnten die Cloud-Gaming-Anbieter gleichzeitig als Spieleentwickler auftreten. Denn die Streamingdienste wissen anhand der Nutzungszahlen genau, was ihre Abonnenten wollen. Netflix macht es mit seinen Eigenproduktionen im Film- und Serienbereich vor.

Bei so vielen Anbietern, die sich derzeit auf dem Markt tummeln, muss der Nutzer einen Mehrwert haben, um sich für einen bestimmten Anbieter zu entscheiden. Denn es ist unwahrscheinlich, dass ein Spieler mehrere Cloud-Gaming-Abos abschließt. Schließlich haben viele Menschen schon jetzt mehrere Streamingdienste abonniert - für Filme, Serien, Musik oder die Sportberichterstattung.