1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gasknappheit: Slowakei sucht Rettung in alten Atomanlagen

11. Januar 2009

Die EU schlägt Alarm: Die Slowakei will angesichts des Gasstreits mit Russland ihr zum Jahreswechsel stillgelegtes Atomkraftwerk wieder anfahren. Auch die Weltfinanzkrise war schon einmal als Grund genannt worden.

https://p.dw.com/p/GVou
Transparent gegen Kernkraft: Text Abschalten! (dpa)
Ungeachtet aller Anti-Atom-Proteste und EU-Gesetze strebt die Slowakei zurück zur KernkraftBild: picture-alliance / dpa

Die slowakische Regierung hat in einer Krisensitzung am Samstagabend (10.01.09) beschlossen, das erst Ende 2008 abgeschaltete Kernkraftwerk in Jaslovske Bohunice möglichst rasch wieder in Betrieb zu nehmen. Der geplante Neustart des Reaktors stieß auf umgehende Kritik der Europäischen Kommission. Die Regierung in Bratislava "würde EU-Recht brechen", wenn sie ihren Beschluss wahrmachte und den zweiten Block des AKWs wegen der Gas-Versorgungskrise wieder in Betrieb nähme, warnte ein Sprecher der Brüsseler Behörde unmissverständlich.

"Es ist klar, dass es keine Rechtsgrundlage für das Hochfahren von Bohunice gibt" und: "Ein klarer Verstoß gegen Recht und Gesetz", so der Sprecher von EU-Energiekommissar Andris Piebalgs. Die Kommission habe von der Regierung in Bratislava bisher keinen förmlichen Antrag zum erneuten Betrieb des Meilers erhalten. Piebalgs-Sprecher Ferran Tarradellas hob hervor, auch in Brüssel arbeite man intensiv daran, "das eigentliche Problem der Slowakei zu lösen, "nämlich die Unterbrechung der Gaslieferungen".

Im Notfall auch gegen EU

Robert Fico.
Regierungschef Fico: Wir verletzen in der Krise bewußt auch Verträge und Gesetze der Europäischen UnionBild: AP

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico erklärte nach der Entscheidung, seine Regierung nehme einen Bruch der EU-Verträge in Kauf. "Wir tun das in Zeiten der Krise", sagte Fico vor der Presse, die Slowakei stehe vor dem Energie-Kollaps. Er übernehme für die Verletzung des Beitrittsvertrags zur Europäischen Union "die volle politische Verantwortung".

Das Land könne sich nach dem Ausfall russischer Lieferungen keine Probleme mit der Stromversorgung leisten. Die Elektrizitätsversorgung des Landes hängt teilweise von gasbetriebenen Generatoren ab. Wirtschaftsminister Lubomir Jahntek warnte, nur kleine Fehlfunktionen könnten zum "Blackout" führen. Die Gasversorgung der Industrie war bereits eingeschränkt worden.

Tiefere Ursachen für den Kurswechsel in Bratislava?

Vor Kurzem hatte Fico noch erklärt, das AKW solle wegen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise wieder hochgefahren werden. Schon damals hatte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso die Einhaltung der vertraglichen Bedingungen angemahnt.

Umweltschutz-Organisationen hatten vor einem Wiederanfahren des Meilers gewarnt. Fico selbst rechnete mit neuen Protesten, vor allem wieder des Nachbarlands Österreich.

Die Wiederinbetriebnahme des nach sowjetischer Bauart errichteten Reaktors ist äußerst heikel. Zur Stillegung wegen Sicherheitsbedenken hatte sich die Slowakei insbesondere auf Druck Wiens im EU-Beitrittsvertrag verpflichtet. Ein erster Reaktorblock war bereits Ende 2006 vom Netz gegangen. (sc)