Psychologische Wirkung für beide Seiten
Die Antwort des syrischen Regimes auf den amerikanischen Luftschlag gegen den Stützpunkt Sheirat hat nicht lange auf sich warten lassen: Bereits am Samstag starteten dort wieder syrische Flugzeuge, die abermals die Rebellenhochburg Chan Scheichun bombardierten. Es war allerdings kein Giftgas-Einsatz wie am vergangenen Dienstag. Das zeigt, dass die amerikanische Militäroperation lediglich eine geringe militärische Bedeutung hatte - und wohl auch haben sollte. Schließlich ist Sheirat auch eine russische Luftwaffenbasis.
Der amerikanische Angriff war eine symbolische Maßnahme, die zeigen sollte, dass die USA nicht mehr jeder Gräueltat tatenlos zusehen. Die 59 amerikanischen Marschflugkörper, die vor allem die Luftabwehr von Sheirat getroffen haben, ändern die militärische Machtbalance in Syrien nicht - und sie führen auch kein Ende des Kriegs herbei. Assad weiß nun aber, dass der Einsatz von Giftgasen und auch Fassbomben nicht mehr ungestraft bleibt und verzichtet so hoffentlich künftig auf ihren Einsatz.
Der Angriff hat vor allem eine psychologische Wirkung. Denn der syrische Machthaber Baschar al-Assad soll sich in seiner Kriegsführung und politischen Verweigerungshaltung nicht so sicher wie bisher fühlen. In den vergangenen Monaten hatten sich die Zeichen gemehrt, dass Moskau seinen Schützling nicht wie gewünscht unter Kontrolle hatte. Nach dem Giftgasangriff auf Chan Scheichun war aus den russischen Äußerungen sogar eine gewisse Distanz herauszulesen. Inzwischen ist die russische Haltung nach außen wie gewohnt robust. Und im Innern hat Assad begriffen, wie stark sein Regime von Russland abhängt.
Ein gemeinsames Ziel
Moskau und Washington eint in Syrien zunächst ein Ziel: den "Islamischen Staat" (IS) militärisch zu besiegen. Der amerikanische Luftschlag richtet den Blick bereits auf die Zeit nach dem Sieg über den IS, denn Washington will dann in Syrien ein Wort mitreden - und beobachtet zunächst, wie die Interessengegensätze unter Assads Schutzmächten zunehmen: Russland will im Nahen Osten von einem Syrien aus agieren, das auch für sunnitische Araber Partner sein kann. Iran braucht Syrien als wichtigen Baustein für seine schiitische Achse von Teheran nach Beirut. Die libanesische Hisbollah will auch von Syrien aus Krieg gegen Israel führen, was Moskau nicht gefällt - und Washington auch nicht.
Etwas Auftrieb
Die Spannungen unter Assads Schutzmächten bedeuten für die Rebellen aber nicht, dass der militärische Druck auf sie abnimmt, wie die abermalige Bombardierung von Chan Scheichun zeigt. Die Rebellen können auch nicht darauf hoffen, dass die USA "ihre" Luftwaffe wird. Die einmalige amerikanische Militäroperation hat aber den weniger radikalen Gruppen unter den Rebellen wieder etwas Auftrieb gegeben. Denn von der Vertreibung der Aufständischen aus Ost-Aleppo hatten zuletzt stark extremistische Gruppen profitiert.
Am Zermürbungskrieg hat sich nichts verändert. Derzeit wird er in der Provinz Idlib fortgesetzt, etwa in Chan Scheichun, das sich früh gegen das Regime Assad erhoben hatte. Lange wird die psychologische Stärkung dort aber nicht halten.
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