Gauck auf Staats-Safari
6. Februar 2015Zum Abschluss des fünftägigen Staatsbesuches geht Bundespräsident Joachim Gauck dann doch noch auf "Safari" - eigentlich heißt das auf Kisuaheli nichts weiter als Reise - aber in der Serengeti gibt es Afrika, wie es sich Touristen vorstellen. Eine Folkloregruppe baut sich auf und als hätte der Protokollchef sie persönlich hergetrieben, stehen direkt am Straßenrand Elefanten, Büffel und Giraffen Spalier. Der ranghöchste örtliche Gastgeber, Tansanias Wasserminister Jumanne Maghembe, sieht das Ziel der Präsidentensafari damit erfüllt. Schließlich sei es gar nicht so einfach, witzelt der Minister, "dass eine Elefantenherde bereitsteht, um den Präsidenten zu begrüßen, dass Giraffen als Augenzeugen dazukommen und am Straßenrand auch noch Löwen warten, bis der Präsident ankommt". Umso dankbarer sei er, dass die Tiere so kooperativ gewesen seien.
Das Weltnaturerbe Serengeti bietet Joachim Gauck ein imposantes Finale seiner Staats-Safari. Bei einem Zwischenstopp mit Postkartenblick auf eine Schirmakazie erlebt dann auch der Bundespräsident wie viele vor ihm den emotionalen "Ach, Afrika!"-Augenblick: Überwältigt sei er, und voller Dankbarkeit: "Für all die Leute, die sich zusammengetan haben, um dieses große Geschenk an die Menschheit zu erhalten. Möge es so bleiben."
In 25 Jahren keine Elefanten mehr in der Serengeti
Gerade hat die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für zwei Millionen Euro eine Wasserleitung durch den wohl berühmtesten Nationalpark Afrikas instandgesetzt - und die Frankfurter Zoologische Gesellschaft, ebenfalls zu großen Teilen aus Bundesmitteln finanziert, übergibt symbolisch ein Wilderei-Überwachungszentrum, das in wenigen Monaten die Arbeit aufnehmen soll. Ein mehr als ernstes Thema: Jeden Tag werden rund 300 Gnus und Zebras gewildert, 40 Fallschlingen entdeckt und mindestens drei Wilderer verhaftet. Wird im selben Tempo weitergejagt wie heute wird schon die nächste Generation in 25 Jahren keine Elefanten und Nashörner mehr in der Serengeti erleben.
Deutschland bietet sich im Kampf um das ökologische Welterbe glaubhaft als Partner an und ist deshalb 100 Jahre nach der Kolonialzeit wieder gern gesehen in Tansania. Das Thema Partnerschaft zieht sich wie ein roter Faden durch das Besuchsprogramm. "Hinsehen, Zuhören, Verstehen lernen" - so fasst es Gauck in einer fast schon grundsätzlichen Rede vor Vertretern der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) zusammen, einem Regionalbündnis von Burundi, Kenia, Ruanda, Tansania und Uganda mit Sitz im tansanischen Arusha. Partnerschaftliche Zusammenarbeit heiße Hinsehen, Zuhören, Verstehen lernen und "erst ein Urteil äußern, wenn man erkannt hat, dass es mehr gibt als nur die eigene Perspektive."
Stabilitätsanker und Partner
Damit trifft Gauck den Ton. Vor Präsident Jakaya Kikwete lobt er Tansania als zuverlässigen Partner und regionalen "Stabilitätsanker". Zugleich erinnert er ihn deutlich vernehmbar an Pressefreiheit und demokratische Grundwerte und trifft sich, nicht zur Freude Kikwetes, mit Bürgerrechtlern und Oppositionellen. Belehrungen verkneift sich Gauck. Und ist umso mehr irritiert, als ihn der ranghöchste muslimische Geistliche von Sansibar beim interreligiösen Friedensrat ausdrücklich um eine "Weisung" bittet. Gauck ist nicht nach Afrika gekommen, um Weisungen zu erteilen. Er will anstecken und überzeugen, mit seinen eigenen Erfahrungen in einer Transformationsgesellschaft. Vor dem Afrikanischen Menschenrechtsgerichtshof in Arusha plädiert er dafür, das Gericht für jeden Bürger Afrikas zugänglich zu machen.
Jugendliche wollen keine eigensüchtigen Politiker mehr
Vor der Ostafrikanischen Gemeinschaft wirbt er für Jugendaustausch und regionale Integration, wendet sich direkt an fünf Jugendbotschafter im Saal: Politik sei mühsam, ermuntert er die Studenten, sie lohne sich aber. Mukazi Ndekezi Peace aus Ruanda fühlt sich durch die Rede bestärkt. Bei allen Schwierigkeiten sieht sie die Europäische Union als Garant für wirtschaftliche und politische Stabilität und somit als großes Vorbild für Ostafrika. "Wir glauben an die Ostafrikanische Union als Föderation, also letztlich als ein einziges Land", sagt die Studentin. Die Rede des Bundespräsidenten mache ihr Hoffnung: "Er zeigt uns, dass wir uns auf die positiven Seiten konzentrieren, das Beste aus unseren Ländern zusammenführen müssen." Jacob Eyeru aus Uganda sieht das ganz ähnlich. "Als politische Führer von morgen", sagt er selbstbewusst, "wollen wir nicht mehr von der Gnade von 1,2 Landespolitikern abhängen. Wir wollen eine regionale Führung aller Ostafrikaner schaffen, die sich nach den Interessen des Volkes richtet."