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Elfenbeinküste Parlamentswahl

11. Dezember 2011

Wenn die Ivorer an diesem Sonntag ihr neues Parlament wählen, sitzt Ex-Staatschef Laurent Gbagbo in Haft. Dessen Partei nimmt dehalb nicht an der Wahl teil. Das Land bleibt gespalten, ein Neuanfang scheint aber möglich.

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Ex-Präsident Laurent Gbagbo (Foto: picture alliance)
Mittlerweile nach Den Haag überstellt: Ex-Präsident GbagboBild: picture alliance/abaca

"So lange Laurent Gbagbo im Gefängnis ist, treten wir nicht an" – das ist das Motto der Partei des ehemaligen ivorischen Präsidenten, "Front Populaire Ivoirien" (FPI). Schließlich sei nicht nur Laurent Gbagbo selbst in Haft, sondern auch viele seiner ehemaligen Mitstreiter. Besonders verärgert hat die Mitglieder der FPI, dass Laurent Gbagbo am 30. November 2011 an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert wurde. Sie kündigten an, sich nicht nur von den Wahlen an diesem Sonntag (11.12.2011), sondern auch aus dem Versöhnungsprozess zurückzuziehen. Franck Mamadou Bamba, Sprecher der FPI, begründet die Entscheidung damit, dass die Partei in der Auslieferung von Laurent Gbagbo das Ende des nationalen Dialoges, besonders mit der FPI, sieht.

Die Gbagbo-Partei fürchtet, ihre Teilnahme an der Wahl würde die von ihr abgelehnte Regierung Ouattaras legitimieren. In dieser Haltung werden sie von der Koalition von Parteien unterstützt, die im Machtkampf auf Gbagbos Seite waren. Dabei sollte die Parlamentswahl einen Schlusspunkt hinter die Krise setzen, die das Land seit 1999 erschüttert und ab 2010 mit einem monatelangen blutigen Machtkampf einen weiteren Höhepunkt erreichte.

Mindestens 3000 Tote, Tausende Verletzte

Alassane Ouattara (Foto: AP)
An der Macht: Staatschef Alassane OuattaraBild: AP

Bei den Präsidentschaftswahlen im November 2010 hatte der damalige Präsident Laurent Gbagbo gegen seinen Herausforderer, den international bekannten Oppositionspolitiker und ehemaligen Funktionär des Internationalen Währungsfonds, Alassane Ouattara, verloren. Gbagbo wollte seine Niederlage nicht anerkennen und ließ sich zum Sieger ausrufen. International galt allerdings Alassane Ouattara als Wahlsieger und Staatschef. Der Kampf um die Macht erschütterte das ganze Land, es gab mindestens 3000 Tote, Tausende Verletzte und Zehntausende Vertriebene. Im Westen des Landes kam es zu Massakern, und es wurden sogar Massengräber gefunden. Die internationale Gemeinschaft intervenierte zwar auf Seiten Ouattaras, konnte aber den Konflikt nicht lösen. Erst im April wurde Laurent Gbagbo entmachtet, und Alassane Ouattara konnte endlich sein Amt antreten. Laurent Gbagbo wurde wie viele seiner Anhänger verhaftet. Ab Juni 2012 wird ihm vor dem Internationalen Strafgerichtshof der Prozess gemacht. Zum Ärger seiner Partei.

Für Gilles Yabi, Experte für die Elfenbeinküste bei der International Crisis Group, wollen FPI und Koalition mit ihrem Boykott ein Zeichen setzen: "Sie werden alles tun, um zu zeigen, dass Alassane Ouattara die Situation nicht im Griff hat und kein legitimer Präsident ist. Nicht an den Wahlen teilzunehmen, ist für sie die Möglichkeit auch international zu zeigen, dass Ouattara zwar einen Krieg gewonnen hat, aber nicht der legitime und gewählte Staatschef ist."

Einige FPI-Mitglieder nehmen dennoch an den Wahlen teil

Und doch: Wenn man genau hinschaut, gibt es unter den rund 900 Kandidaten für die Parlamentswahlen durchaus einige Funktionäre der Gbagbo-Partei. Sie sind aus der Parteidisziplin ausgebrochen und haben eine eigene Gruppierung gegründet. So können sie als unabhängige FPI-Kandidaten bei den Wahlen antreten. "Für sie ist das die Möglichkeit, in der Politik zu bleiben", erläutert Gilles Yabi.

Für den Versöhnungs- und Demokratisierungsprozess der Elfenbeinküste sei die Ächtung der Wahlen durch die Gbagbo-Koalition zwar sicher kein gutes Zeichen, so der Crisis-Group-Experte. Doch dürfe man auch nicht vergessen, dass das Land die Wahlkrise und einen Bürgerkrieg gerade erst überwunden habe: "Wir sind noch nicht an einem Punkt angekommen, an dem man sich vorstellen kann, dass dieselben ivorischen Politiker, die sich jahrelang bekämpft haben – und in den vergangenen Monaten noch einmal verstärkt –, schon bereit sind, sich politisch zu versöhnen."

Bedauern bei anderen Oppositionsparteien

Doch selbst andere Oppositionsparteien empfinden den Boykott als Manko. Sie bedauern die Unversöhnlichkeit der FPI und ihrer Partner. "Es ist wirklich schade, dass die FPI nicht mitmacht", sagt etwa ein Mitglied der Demokratischen Partei der Elfenbeinküste, PDCI, des Ex-Präsidenten Henri Konan Bédie. "Die echte Demokratie in entwickelten Ländern ist nicht die auf der Straße, sondern die im Parlament."

Doch Demokratiewille hin oder her – selbst so mancher Wähler ist noch nicht bereit, sich nach der jüngsten Wahlkrise erneut auf eine Abstimmung einzulassen. Viele haben Angehörige verloren oder monatelang in Angst gelebt. Eine Frau in Abidjan hat sogar ihre Wählerkarte zerrissen, das Dokument, das sie berechtigt, ihre Stimme abzugeben. "Allein der Gedanke an Wahlen in der Elfenbeinküste weckt in mir bitterste Erinnerungen. Schon wenn man hier von Wahlen redet, würde ich am liebsten aus meinem Land fliehen."

Um den Menschen ihre Angst zu nehmen und das Risiko von Ausschreitungen zu reduzieren, hat die staatliche Armee ihre Präsenz im ganzen Land verstärkt. Vor allem im Westen, dort, wo es während des Machtkampfes zu Massakern kam, will sie dafür sorgen, dass Wähler ungehindert ihre Stimme abgeben können.

Autorin: Dirke Köpp
Redaktion: Katrin Ogunsade