Gedenken an Ardennenoffensive vor 75 Jahren
16. Dezember 2019Zum 75. Jahrestags der deutschen Ardennenoffensive im Zweiten Weltkrieg hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor Nationalismus gewarnt und zum Zusammenhalt in Europa aufgerufen. "Ein geeintes, ein friedliches Europa - das ist die Lehre, die wir Europäer aus übersteigertem Nationalismus und Rassismus, aus dem Vernichtungskrieg gezogen haben", sagte Steinmeier bei eine Gedenkveranstaltung im belgischen Bastogne. "Bitte lasst uns das nicht vergessen!" Dies sei insbesondere heute wichtig, da Nationalismus und völkisches Denken wieder an Verführungskraft gewinnen würden.
"Stehe in Demut und Dankbarkeit vor allen Belgiern"
Er stehe "vor allen Belgierinnen und Belgiern als deutscher Bundespräsident in Demut und in Dankbarkeit", sagte Steinmeier. Das Leid von damals wirke bis heute nach. Er verneige sich vor den Toten aller Nationen. "Diese Toten waren Opfer von Hass, Verblendung und Zerstörungswut, die von meinem Lande ausgegangen waren." Er sei vor allem für die Bereitschaft zur Versöhnung Belgiens, aber auch Luxemburgs dankbar. Dies sei der Grundstein für ein geeintes, friedliches Europa gewesen.
Das deutsche Staatsoberhaupt würdigte zudem die Rolle der USA. Er bedankte sich dafür, dass die Vereinigten Staaten gemeinsam mit den Alliierten Europa und Deutschland befreit sowie den "demokratischen Neubeginn Deutschlands begleitet und unterstützt" hätten.
Auch US-Verteidigungsminister Esper dabei
Neben Steinmeier nahmen unter anderem Belgiens Königspaar Philippe und Mathilde, Ministerpräsidentin Sophie Wilmes, EU-Ratschef Charles Michel, US-Verteidigungsminister Mark Esper und der polnische Präsident Andrzej Duda an der Zeremonie am Mardasson-Denkmal teil. Dieses erinnert an die zehntausenden im Zuge der Offensive getöteten und verletzten US-Soldaten.
Schon die Landung der US-Truppen in der Normandie im Juni 1944 hatte die entscheidende Wende im Zweiten Weltkrieg gebracht. Die Ardennenoffensive war der letzte Versuch Hitler-Deutschlands, die Alliierten doch noch zu schlagen. Die Wehrmacht begann ihren Angriff am 16. Dezember 1944. Ziel war die Einnahme des Hafens von Antwerpen, um so die Versorgung der Alliierten zu stoppen. Tatsächlich warf die Offensive die US-Truppen vorübergehend zurück. Die Wehrmachtsoldaten kesselten die US-Fallschirmjäger der 101. Luftlandedivision, die Monate vorher in der Normandie gelandet waren, in der Kleinstadt Bastogne an der luxemburgischen Grenze ein.
Am 20. Dezember dann griff die Wehrmacht Bastogne an. Doch der US-General Anthony McAuliffe verweigerte die Kapitulation. Es folgte die dreiwöchige Belagerung der Stadt, die durch mehrere Bücher, Filme und vor allem die TV-Serie "Band of Brothers" Eingang in die US-Populärkultur gefunden hat. Es war die 3. US-Armee unter dem Kommando des US-Generals George S. Patton, die den 18.000 umzingelten US-Fallschirmjägern zur Hilfe kam. Im Januar 1945 konnten die Alliierten die Oberhand gewinnen.
Es seien blutige Wochen im eiskalten Winter von 1944/1945 gewesen, betonte der Direktor des Kriegsmuseums von Bastogne, Mathieu Billa. Zwischen 10.000 und 19.000 US-Soldaten ließen demnach während der Belagerung ihr Leben; auf deutscher Seite starben 15.000 bis 20.000. Hinzu kamen 3000 belgische Zivilisten, die unter deutschem Artillerie-Beschuss und in Massakern der Waffen-SS getötet wurden.
Besuch am Grab von US-General Patton
Am Nachmittag besuchen Steinmeier und die anderen politischen Vertreter gemeinsam mit Luxemburgs Großherzog Henri und Ministerpräsident Xavier Bettel das Grab Pattons auf dem amerikanischen Soldatenfriedhof in Hamm, einem Stadtteil von Luxemburg. Dort war der US-General nach seinem Tod 1945 auf eigenen Wunsch inmitten seiner Soldaten bestattet worden.
Bereits am Sonntag waren Kampfszenen der Ardennenoffensive von hunderten Darstellern in historischen Uniformen nachgestellt worden. Auf Einladung des belgischen kriegshistorischen Instituts nahmen auch belgische, US- sowie deutsche Zeitzeugen an den Feierlichkeiten teil.
sti/fab (afp, dpa)