Geeignetes Profilierungsfeld?
1. Juni 2006Nach Kosovo, Dschibuti und Afghanistan jetzt also die Demokratische Republik Kongo. In wenigen Wochen schon müssen deutsche Soldaten ihr Marschgepäck schnüren - das haben 440 Bundestagsabgeordnete beschlossen und der Truppe mit der breiten Mehrheit den Rücken gestärkt. Die 780 Soldaten werden trotzdem mit einem mulmigen Gefühl aufbrechen - überzeugende Argumente für den Einsatz in Zentralafrika haben sie im Bundestag nicht gehört.
Denn im Kongo geht es nicht um die Verteidigung deutscher Sicherheitsinteressen. Auch wenn Berliner Regierungspolitiker mittlerweile ganz offen einen fairen Rohstoffabbau im Kongo fordern. Nein, es geht offiziell um die Unterstützung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, von denen Optimisten glauben, dass sie zur Stabilisierung einer Region beitragen könnten.
Sinn und Verlauf sind unklar
Doch wie ernst meint es Europa mit seinem Engagement, wenn die große Hoffnung für Zentralafrika auf 2000 europäischen Soldaten lastet, von denen viele noch nicht einmal im Land stationiert sein werden? Und welchen Prozess sollen sie in dem von Unruhen gebeutelten Staat sichern? Eine schlecht vorbereitete Wahl, bei der sich ehemalige Kriegsherren zur Abstimmung stellen?
Wenn die Beobachter Recht haben, dann profitiert von den europäischen Soldaten im Kongo vor allem der junge Übergangspräsident Joseph Kabila, der sich in puncto Sicherheit am liebsten auf seine Privatarmee verlässt. Kabila gilt als Freund der Franzosen, die in diesem Konflikt eine entscheidende Rolle spielen, weil sie in der Region Machtpolitik betreiben. Paris setzt in Afrika auf Stabilität und den Status quo - ganz gleich, ob davon Diktatoren oder Demokraten profitieren. In Berlin will man so etwas natürlich nicht hören und so hat Frankreich die Deutschen mit der Aussicht geködert, im Kongo könne sich die Europäische Union als globale Sicherheitsmacht profilieren.
Eskalation ist möglich
Das hört sich gut an, aber der Kongo ist dafür ein schlechtes Manövergebiet. Eskaliert die Situation, muss sich die europäische Ministreitmacht schnell aus dem Staub machen - und eine enttäuschte Bevölkerung zurücklassen. Und so hofft man in den Hauptstädten, dass die Soldaten irgendwie, aber vor allem unbeschadet die vier Monate überstehen. Längst ist von einer symbolischen Aktion die Rede. Aber genau für diese Symbolik ist der Einsatz des Militärs denkbar ungeeignet. Die EU-Partner wissen das und haben Deutschland als
Führungsnation nur mangelhaft unterstützt.
Schlechte Erfahrungen mit Symbolpolitik machte die deutsche Regierung übrigens schon einmal. Vor sechs Jahren schickte sie die Bundeswehr nach Osttimor, um dort die UN-Blauhelme zu unterstützen. Weil der Aufwand der Mission in keinem Verhältnis zum Nutzen stand, holte man die Soldaten schnell wieder heim. Wenn alles gut geht, wird sich im Kongo diese Erfahrung wiederholen. Wenn es schief läuft, wird sich Europa als Weltakteur blamieren.