Gefahr durch multiresistente Keime steigt
2. Juni 2015Es sind beunruhigende Zahlen: Der ausufernde Einsatz von Antibiotika führt laut einer Berliner Studie dazu, dass immer mehr Menschenleben durch multiresistente Keime bedroht sind. Den Autoren zufolge könnte sich die Zahl der Toten von derzeit weltweit etwa 700.000 pro Jahr bis 2050 auf zehn Millionen erhöhen. Der Analyse liegen Schätzungen der britischen Regierung zugrunde sowie die Voraussetzung, dass keinerlei Gegenmaßnahmen getroffen werden.
In Deutschland geht das Bundesgesundheitsministerium schon jetzt von bis zu 600.000 Patienten aus, die jedes Jahr durch medizinische Behandlungen Infektionen bekommen, etwa 15.000 Menschen sterben an den Folgen.
Jährlich bekommen laut der Studie rund ein Drittel aller Krankenversicherten ein Antibiotikum verschrieben. Autorin Elisabeth Meyer, auch tätig am Institut für Umweltmedizin und Hygiene der Berliner Charité, geht davon aus, dass etwa 30 Prozent aller Antibiotika in der Humanmedizin nicht notwendig sind.
Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen auch Thema bei G7-Gipfel
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte jüngst gar vor einem postantibiotischen Zeitalter. Mit einem Aktionsprogramm wollen die WHO-Mitgliedstaaten deshalb den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen aufnehmen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel nimmt sich dem Thema an. Das Umdenken im Einsatz der Medikamente und die Erforschung neuer Antibiotika sollen zentrale Punkte auf der Agenda des G7-Gipfels am kommenden Wochenende in Elmau sein.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe stellte einen drastischen Vergleich an: "Der weltweite Anstieg von Antibiotika-Resistenzen hat ein ähnlich verheerendes Potential wie der Klimawandel." Den Grünen im Bundestag gehen die Vorschläge der Bundesregierung jedoch nicht weit genug. So würde das Problem von Antibiotika-Missbrauch in der Massentierhaltung zu wenig beachtet. "Für Menschen überlebenswichtige Antibiotika müssen im Stall sofort verboten werden", forderte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.
pjr/se (dpa, rts)