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Gefährliche "Pressefreiheit" im Irak

Muslih Husein23. Mai 2006

Die Welle der Journalistenentführungen im Irak zwingt internationale Presseagenturen dazu, ihre Mitarbeiter im Land durch irakische Reporter zu ersetzen - die ebenfalls unter Lebensgefahr arbeiten.

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Den von der Besatzungsmacht ausgestellten Presseausweis zeigt man unauffällig vorBild: AP
Journalisten im Irak
Zwei Journalisten heben in Nadschaf die Arme, um nicht beschossen zu werden (2004)Bild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Im Zuge der Entführungswelle verlassen immer mehr ausländische Reporter das Zweistromland und ziehen es zur eigenen Sicherheit vor, von Nachbarländern wie den Vereinten Arabischen Emiraten oder dem Kuwait aus zu berichten. Internationale Presseagenturen wie DPA und AFP sehen die Lösung darin, die Dienste irakischer Reporter in Anspruch zu nehmen, da diese nicht so auffällig sind, wie ihre ausländischen Kollegen - und somit weniger der Gewalt und dem Risiko einer Entführung durch die verschiedenen bewaffneten Gruppen ausgesetzt sind.

Irakische Presse im Nachkriegsirak

Doch die Realität der journalistischen Arbeit im Irak ist viel komplexer: Auch irakische Reporter arbeiten dort unter schwierigen Bedingungen. Ein Beispiel hierfür sind die Probleme des Al Dschasira-Büros: Einerseits untersagte die irakische Regierung dem arabischen Sender, im Land weiter zu arbeiten; ein Entschluss, der auch von amerikanischer Seite abgesegnet wurde. Andererseits werfen ihm bewaffnete Gruppierungen vor, er sei proamerikanisch.

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" hält den Irak für zurzeit das gefährlichste Land der Welt. 80 Reporter seien dort seit Ausbruch des Krieges 2003 ums Leben gekommen. Die Lage im Land stelle für alle Reporter eine Gefahr dar, ob Iraker oder Ausländer. "Die großen Presseagenturen, die arabischen wie die ausländischen, haben ihre Büros an gut gesicherten Orten eingerichtet", berichtet der Journalist Mohammed S.. "Sie arbeiten mit einheimischen Gruppen von Reportern, die für sie die Arbeit an den Orten des Geschehens übernehmen." Doch diese Reporter, obwohl sie Iraker seien, hätten ernsthafte Schwierigkeiten, überhaupt zu diesen Orten zu gelangen. Meist gehen sie nur verkleidet hin, sofern dies möglich oder erlaubt sei. "Die Reporter", sagt Mohammad S., "geben sich nur dann zu erkennen, wenn sie über eine Parlaments- oder Kabinettssitzung aus der von nationalen und ausländischen Sicherheitskräften streng bewachten so genannten 'Grünen Zone' berichten."

Präsenz der arabischen Medien und Pressefreiheit

Zum Thema Pressefreiheit sagt Mohammad S.: "Die Reporter im Irak unterliegen keinerlei Kontrolle oder Zensur offizieller oder amtlicher Natur." Er spricht sogar von einer "übermäßigen Pressefreiheit", die auf die Autoritätsschwäche der Regierung, oder gar ihre Machtlosigkeit zurückzuführen sei und weist auf die Rolle der Alliierten hin, die sich stets für Meinungsfreiheit und mehr mediale Transparenz einsetzen.

Aiman K., ein Reporter aus der Stadt Mosul, berichtet von Schwierigkeiten, mit denen Reporter im Irak täglich konfrontiert werden - sei es von irakischen Sicherheitskräften, bewaffneten Gruppierungen oder von den Besatzungsmächten. Seit Ausbruch des Krieges 2003, sagte er, seien alleine in der Stadt Mosul bei Entführungen oder Anschlägen 13 Reporter ums Leben gekommen. "Ich persönlich neige dazu, selbst zu den Orten des Geschehens zu fahren, um über die diversen Anschläge und Treffen zu berichten. Meist bin ich jedoch verkleidet und bediene mich eines falschen Namens."

"Eine weitere Vorsichtsmaßnahme ist, dass meine Kollegen und ich uns mit bescheidener Presseausrüstung, wie etwa kleinen, weniger auffälligen, Kameras, begnügen." Ein weiteres Hindernis sei die sehr oft fehlende Kooperation der Polizei. Selten gebe sie Auskünfte über die einzelnen Geschehnisse weiter. Dabei beruft sie sich auf die brisante Sicherheitslage im Land." Doch dies, so der Reporter, sei im gesamten Land der Fall und nicht nur in der Stadt Mosul.

Auf Wunsch unserer Gesprächspartner wurden ihre Namen abgekürzt.