Gegen die Konventionen: Der russische Impressionismus
Vor 1900 ließen sich russische Künstler von der französischen Malerei inspirieren. Doch wieviel Eleganz und Leichtigkeit vertrug der russische Realismus?
Ilja Repin: Auf dem Feldrain (1879)
Ilja Repin war einer der ersten russischen Künstler, der während seines Aufenthalts in Paris (1873 - 1876) auf den französischen Impressionismus traf. Langsam löste er sich vom russischen Realismus und brachte Licht, Farben und eine freie Pinselführung in seine Werke. Dank ihm fanden einzelne Elemente des neuen Stils allmählich Einzug in die russische Malerei, wie etwa die Freilichtmalerei.
Valentin Serow: Ljolja Derwis (1892)
Die Leichtigkeit des Impressionismus bahnte sich unter Schwierigkeiten ihren Weg nach Russland. Werke u. a. von Valentin Serow sorgten für Kritik: Einige traditionelle Maler fühlten sich davon bedroht und sorgten sich um ihre volkstümlichen Werke. Valentin Serow, Schüler Repins, sah das ganz anders: Dank des Impressionismus konnte er seiner lebensbejahenden Weltsicht Ausdruck verleihen.
Michail Larionow: Flieder (1904/05)
Auch nach 1900 orientierten sich russische Maler an der französischen Kunst. Eine neue Malergeneration, die der Kritiker Alexander Benois ironisch als "Avantgarde" bezeichnete, stand in den Startlöchern. Michail Larionow gehörte zu den treibenden Kräften der russischen Avantgarde - und versammelte um sich viele junge Kunstschaffende. Mit dabei: Seine zukünftige Partnerin Natalja Gontscharowa.
Natalja Gontscharowa: Eberesche "Panino" bei Wjasma (1907/08)
Das berühmte Künstlerpaar Larionow und Gontscharowa zählte zu den wichtigsten Impressionisten der russischen Avantgarde. Ab 1901 studierte Natalja an der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur, wo sie auch ihren späteren Lebensgefährten Michail traf. Die frühen, impressionistischen Werke (s. Bild) sind eine Vorstufe für ihre späteren Bilder im Stil des Rayonismus.
Robert Falk: Lisa in der Sonne (1907)
Auch Robert Falk studierte an der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur. Seine Lehrer: Valentin Serow und Konstantin Korowin. An deren impressionistischen Vorlieben orientierte sich der junge Maler und arbeitete gerne im Freien, mit hellen Farben und kontrastreicher Lichtführung.
Abram Archipow: Besuch (1914)
Mit dem französischen Impressionismus kam Abram Archipow durch seinen Lehrer Wassili Polenow, der 1872 bis 1876 gemeinsam mit Repin in Paris lebte, in Berührung. Archipow lernte, frei zu malen und eine farbenreiche Palette zu benutzen. In seinen Gemälden verband er die volkstümliche Kunst mit der Kraft des Impressionismus - wie diese traditionellen russischen Bauerntrachten in starkem Rot.
Konstantin Korowin: "Paris. Café de la Paix" (1906)
Chaotisch und dynamisch wirkt dieses Werk von Konstantin Korowin. Der Vorreiter des russischen Impressionismus, der sich zwischen 1889 und 1900 mehrfach in Frankreich aufhielt, ließ sich von Arbeiten von Camille Pissarro und Claude Monet inspirieren. Mit seiner Malweise löste sich Korowin von den Forderungen der akademischen Kunst in seiner Heimat. Seinem Stil blieb er ein Leben lang treu.
Alexej von Jawlensky: Andre und Katja (1905)
Lebhafte Farben, tiefe Sättigung, mit leichter Hand gemalte Gesichter von seinem Sohn Andres und Katja, der Tochter eines Kommilitonen. Dieses Werk verweist schon auf den expressionistischen Stil, den Jawlensky mit der Zeit entwickelte. Seine Ursprünge liegen im Impressionismus, vermittelt durch seinen Lehrer Repin. Später arbeitete er in München an der Kunstschule von Anton Ažbe.
Kasimir Malewitsch: Konstruktion in Auflösung (1917)
Anfangs war Kasimir Malewitsch vom französischen Impressionismus beeinflusst. Nach ersten Werken begründete er eine neue Stilrichtung: den Suprematismus, die erste gegenstandslose Malerei. In der neuen Kunstrichtung manifestierte er seine philosophischen Gedanken - sein Gemälde "Konstruktion in Auflösung" thematisiert eine Begegnung mit dem Transzendenten.
Nikolai Meschtscherin: "Mondnacht" (1905)
Nikolai Meschtscherin spezialisierte sich auf die nächtliche Landschaftsansichten. Er war regelrecht fasziniert von Sternen und Monden und den Lichtnuancen in der Nacht. Meschtscherin, ein Vertreter des russischen Impressionismus, testete die Grenzen der Stilrichtung. Mit mosaikartigen Pinselstrichen und fast unerkennbaren Objekten führte er seine Malerei an die Limits der Gegenständlichkeit.
Das Museum Barberini in Potsdam zeigt vom 28. August 2021 bis 09. Januar 2022 in Zusammenarbeit mit dem Museum Frieder Burda in Baden-Baden und der Staatlichen Tretjakow-Galerie in Moskau die Ausstellung: "Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde".