Gegenwind für Tschads Staatschef
8. August 2016Für den starken Mann Zentralafrikas ist es eine Formsache: An diesem 8. August soll Tschads Präsident Idriss Déby für eine weitere Amtszeit vereidigt werden. Seit 26 Jahren ist der Ex-Militär an der Macht. Das Ausland schätzt ihn. Der Tschad gilt in der unruhigen Region als vergleichweise stabil. Vor allem dank des gut ausgebildeten Sicherheitsapparats, den Langzeitherrscher Déby fest im Griff hat.
In den Nachbarländern Nigeria, Niger und Kamerun bekämpfen seine Soldaten die islamistische Miliz Boko Haram. Mit mehr als 1000 Soldaten stellt der Tschad zudem das größte Kontingent der UN-Mission in Mali. Bei der Kontrolle der Flüchtlingsrouten setzen europäische Staaten ebenfalls auf Débys Mithilfe.
Auch wenn seine Truppen international gerne gesehen sind: Zu Hause sorgt das Vorgehen des Präsidenten zunehmend für Unmut. Zur Amtseinführung ließ er sich ein neues Luxushotel bauen, während die Gefängnisse überfüllt sind. Die Beamten warten seit Monaten auf ihre Gehälter. Die Hoffnung auf Erneuerung sei weg, sagt Vincent Hendrickx. Er arbeitet für die katholische Hilfsorganisation Misereor im Tschad.
Immer offener fordern Demonstranten den Rücktritt Débys. Sechs ehemalige Präsidentschaftskandidaten planen sogar, eine Parallelregierung auszurufen. Sie waren ihm bei den letzten Wahlen unterlegen. "Débys Wahlsieg ist weder legal noch legitim", sagt der unterlegene Kandidat Saleh Kebzabo. Ein Start-Datum für die geplante Gegenregierung gibt es aber noch nicht. "Zu gegebenem Zeitpunkt, wenn wir es für günstig halten, werden wir diese Regierung ausrufen", so Kebzabo.
Fehlermeldung statt Facebook
Am 10. April ließ sich Déby erneut zum Präsidenten wählen. Doch die Wahlen fanden in einem Klima der Einschüchterung statt. Regimekritiker wurden eingesperrt, nachdem sie friedliche Proteste organisiert hatten. Seither spitzt sich die Lage in dem zentralafrikanischen Land weiter zu. Seit April können viele Tschader nicht mehr auf soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook oder WhatsApp zugreifen. "Journalisten können nicht mehr auf Anfragen eingehen, Unternehmenschefs können nicht mehr mit ihren Kunden kommunizieren, die in aller Welt sitzen", kritisiert Julie Owono. Sie leitet die Afrika-Abteilung der Nichtregierungsorganisation "Internet ohne Grenzen."
Die tschadische Regierung spricht von technischen Problemen. Doch Kommunikationsexperte Qemal Affagnon ist skeptisch. Bereits im Januar habe die Regierung die Telekommunikationsbetreiber angewiesen, den Zugang zu sozialen Netzwerken zu begrenzen, sagt er der DW. Technisch sei das möglich. Ähnliche Blockaden bei Wahlen gab es zuletzt auch in anderen afrikanischen Ländern. Doch sie endeten meist nach kurzer Zeit.
Vergebliche Versuche, zu gefallen
Immer mehr Menschen machen vor der Vereidigung des Präsidenten ihrem Ärger Luft - über die Einschränkung der Bürgerrechte, aber auch über die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen. Auf dem UN-Entwicklungsindex liegt der Tschad auf Platz 185. Jüngst streikten die Mitarbeiter der nationalen Radio- und Fernsehanstalt ONRTV. "Wir haben keine freien Wochenenden und keine Feiertage mehr", echauffierte sich eine Journalistin. Seit 2011 seien den Mitarbeitern bessere Arbeitsdedingungen zugesichert worden - passiert sei nichts.
Idriss Déby ist in der Defensive. Mit einer angekündigten Verfassungsreform wollte er den Gegnern den Wind aus den Segeln nehmen. Der Versuch scheiterte. Oppositionspolitiker vermuten, Déby wolle über die Reform den Posten eines Vizepräsidenten schaffen, um so einen Nachfolger aufzubauen. Die Regierungspartei bestreitet das.
Auch sonst ist das Vertrauen in die Regierung auf einem Tiefpunkt. Mehrere dutzend Militärs, die als regimekritisch galten, sind seit den Wahlen verschwunden. Die Staatsanwaltschaft lud nun zwei der unterlegenen Kandidaten als Zeugen vor - unter ihnen Saleh Kebzabo. Doch der ist misstrauisch und teilte mit, nicht zu den Anhörungen zu erscheinen. Warum gerade er geladen sei, ließ er durch seinen Anwalt fragen. Auch andere hätten ja das Verschwinden der Militärs offen angeprangert - unter ihnen die französische Botschafterin.
Mitarbeit: Blaise Dariustone, Fiacre Ndayiragije